Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

16. Der Abschluss.

Sofern du dir, aufrichtig gesinnter Leser in der Furcht des Herrrn fürnimmst, diesen dir allhier vorgelegten Entwurf der Religion zu betrachten, und dabei beherzigst, wie genau derselbe so wohl mit sich selbst als den Schriften der Wahrheit, harmoniert und übereinstimmt; so zweifele ich keineswegs, du werdest mit mir, und mit vielen andern mehr gestehen müssen, daß dieses der Tag der geistlichen Erscheinung Christi sei, an welchem er die alten Pfade der Wahrheit und Gerechtigkeit wieder offenbart. Denn du wirst allhier die Christliche Religion nach allen ihren Hauptstücken, treulich vorgestellt und verteidigt sehen, und befinden, daß sie eine lebendige, innerliche, geistliche, reine und wesentliche Sache und nicht eine blosse Gestalt, nicht ein bloßer Schein und Schatten, oder eine bloße Einbildung und Meinung sei, wofür sie bisher nur, leider(!) allzu viele gehalten, deren Früchte genügsam zu erkennen geben, daß es ihnen an der Kraft desjenigen mangelt, dessen Namen sie führen. Und dennoch sind viele darunter dermassen in ihre leere Gestalten und Schatten verliebt, daß sie nicht ablassen, und deswegen zu verlästern, daß wir ihnen das Wesen anpreisen, und sie zu demselben berufen, als ob wir die wahre Gestalt, und den äußerlichen Teil des Christentums gänzlich leugneten und verwerfen. Welches, wie Gott, dem Herzenskündiger, bewusst, eine sehr harte Verleumdung ist. Dieweil mir demnach die Leute Ernstlich ermahnt, nach Gott in ihnen selbst zu greifen; weil wir ihnen vor Augen gestellt, wag massen ihnen ihr Begriff, den sie sich von Gott machen, wie er über den Wolken sitzt, wenig helfen werde, wenn sie nicht auch fühlten und empfänden, daß er ihnen nahe sei: So haben sie boshaft hierraus zu schliessen gesucht, als ob wir keinen andern Gott, ausser dem, der in uns wäre, erkennen. Weil wir den Leuten sagen, daß es das innerliche Licht, und das inwendige Gesetze und nicht der äußerliche Buchstabe sei, so ihnen ihren Zustand recht zu erkennen geben, und sie aus allem Übel hinaus leiten könne; so geben sie vor, wir verkleinerten die Heilige Schrift, und zögen derselben unsere eigenen Einbildungen vor. Weil wir ihnen unter Augen stellen, was massen ihnen ihre äußerliches Geschwätz vom Glauben, von Christi äußerlichem Leben, Leiden und Sterben, und Auferstehung, so wenig helfen, und vor Gott so wenig zur Rechtfertigung dienen werde, als den Juden ihr mündliches Geplärr: Hier ist des Herren Tempel! Hier ist Des Herren Tempel! Sondern daß sie Christus in ihnen, den sie gekreuzigt, deshalb erkennen müssten, daß er in ihnen auferstanden sei, sie gerecht mache, und von ihren Sünden erlöst; so sprechen sie, wir leugneten das Leben, wie auch das Leiden und Sterben Christi, nebst der Rechtfertigung durch sein Blut, und der daher erlangten Vergebung der Sünden. Weil wir sie erinnern, wenn wir sie auf eine so dreiste und entscheidende Weise von der Auferstehung reden hören, welcher Gestalt es weit nötiger für sie sei, den Gerechten, den sie getötet, deshalb zu wissen und zu erkennen, daß er auch in ihnen auferstanden wäre, und sie versichert sein möchten, Teil an der ersten Auferstehung zu haben, und wenn sie so weit gekommen, so würden sie schon fähig gemacht werden, ein richtiges Urteil auch von der andern Auferstehung zu fällen; so beschuldigen sie uns, daß wir die Auferstehung des Leibes leugneten. Wenn wir sie von Himmel Hölle, und jüngstem Gericht so unbesonnen ins Gelage1 hinein plaudern hören, und sie ermahnen, vielmehr darum bekümmert zu sein, wie sie aus dem höllischen Zustand, in welchem sie sich be finden, herauskommen, und zu dem Gericht Christi in ihren Herzen gelangen, an das Licht glauben und demselben folgen möchten, damit sie des himmlischen Wesens, das in Christo Jesuisi, teilhaftig würden; so geben sie recht boshaft vor, wir leugneten Himmel und Hölle gänzlich, und wollten von keinem andern Himmel und von keiner andern Hölle, wie auch von keinem andern allgemeinen Gerichte, etwas wissen, als die in uns waren. Diese Schmähungen werden uns, wie dem Herrn bekannt ist, fälschlich, aufgebürdet; als die Gott zu diesem Ende erweckt, und versammelt hat, damit er die Weisheit der Weisen durch uns zu Schanden machen, und den Verstand der Klugen verwirren; und in, und durch seinen Geist und Kraft in einem verachteten Volk (auf daß sich kein Fleisch für ihn rühme) das leblose, finstere und verdorbene Bild, Den bloßen Schatten, und die leere Schale des Christentums, womit der Widerchrist die Völker betört hat, niederreissen möchte. Zu welchein Ende er uns berufen hat, die Erstlinge derer zu sein, die ihn nicht mehr in dem alten Wesen des Buchstabens, sondern in der Neuigkeit des Geistes verehren. Und obschon unser (gegen andere zu rechnen) nur ein sehr kleines Häuflein ist; ob wir schon, was die äusserliche Stärke, die wir auch ganz und gar verwerfen, anlangt, sehr schwach, und, in Vergleichung der Weisen dieser Welt, Toren und Aberwitzige sind; so hat uns Gott, des vielen und großen Widerstandes ungeachtet, bisher dennoch gesegnet, und wird uns auch ferner segnen, daß weder die Kunst und Verschlagenheit, noch auch die Gewalt beides der Menschen und Teufel vermögend sein soll, das kleine Fünklein so erschienen ist, auszulöschen; sondern es soll zunehmen, bis es alles, was sich ihm wiedersetzen will, verzehrt hat. Der Mund des Herren hat es gesagt. Ja, der, welcher in einem kleinen Überbleibsel aufgestanden ist, wird mit eben demselben mächtigen Ärm bei seiner geistlichen Offenbarung aufstehen und fortfahren, bis er alle seine Feinde überwunden hat, und alle Reiche der Welt unseres Christi werden.

Dem, der dieses Werk nicht unter den Reichen
und großen, sondern unter den Armen und
Geringen angefangen, und es nicht den
Klugen und Gelehrten, sondern den Armen
Einfältigen, Unmündigen und Säuglingen
geoffenbart hat, ja demselbigen allein weisen
und allmächtigen Gott, sei 'Ehre, Dank,
Ruhm und Herrlichkeit, von nun an bis in
alle Ewigkeit. Amen! Galater 1:5.

  1. gemeinsames Mahl mit übermäßigem Essen und Trinken ↩︎