Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

15.2

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Rohdaten: Text wurde noch nicht gesichtet und korreliert.

Es gebietet aber einige besondere Dinge, wels che die meisten von unsern Widersachern als erlaubt und zugelassen vertheidigen, und sich große Freiheit darinnen heraus nehmen, als ob solche mit der Christs lichen Religion gar wohl bestehen könnten, die wir uns keineswegs erlaubt befunden haben, sondern es ist uns von dem Herrn befohlen worden, solche abzus legen, ob uns schon dieses Fein geringes Leiden, und manchen Faust- und Bacfen-Streich verursachet, und vielen Haß und viele Bosheit von der Welt zugezos gen hat. Und weil diese Dinge deshalb beschaffen, daß sie uns alsbald bei dein ersten Anblick von andern uns terscheiden und bekannt machen, deshalb, daß wir, wenn wir nicht an unserm Zeugnis treuloß handeln wollen, uns vor keinem Menschen verbergen können; so sind unsere Prüfungen und Uebungen hierdurch desio zabils reicher und dejto schwerer gewesen, wie hernach ers bellen wird. Diese nun habe ich kürzlich in diesem Satz zusammen gefasset. Jedoch sollen sie in den sechs folgenden Säßen etwas weitläuftiger ausgeführet

werden. Sdimei- I. Daß es nicht erlaubt, sterblichen Menschen chelnde Ei- solche schmeichelnde Titel zu geben, als, Ew.

Heiligkeit, Eure Majestät, Eure Eminenz, Eure Ers cellenz, Euer Gnaden, Euer Hoch-Wohl Edel ges bohren, zc. noch auch solche schmeichelnde Worte zu gebrauchen, die insgemein Complimenten ge:

nennt werden. Haupt:

II. Daß es den Christen nicht geziemet, vor Entblocs einigen Menschen niederzuknien, oder sich zu der berinien. sen Süssen zu werfen, oder den Leib vor ihm zu

beugen, oder das Saupt zu entblofsen.

II. Daß es einem Christen nicht gebühre, Ues Schmuck. ‘berfluß in Rleidern zu gebrauchen, so keinen 77us

Ben hat, als zur Zierde und Eitelkeit. Spielen. IV. Daß es unter den Christen nicht zuläßig,

allerband

tul.

Stleider:

allerband Spiele und Lustbarkeiten, ebenso di Comodien, und Schauspiele, unter dem Vors

wand erlaubter Ergógungen, zu gebrauchen, Den als, welche mit dem Schweigen oder dem stillen

und behutsamen Wandel eines Chri fen, und mit

der Christlichen Ernsthaftigkeit und Zitrigkeit, ch nicht übereinkommen. Denn Lachen, Spielen, 19,1 Scherzen, Spotterey, Possen und Gauckelaere,

nebst allem unnügen und eitlen Geschwäs, etc. sind weder Christliche Freybeit noch unsdzuldis ge frolichkeit,

V. Daß es den Christen unter dem Evangelio Schmoren. 1 nicht vergännet ist, auf einigerley Weise zu

Tchwören. Nicht nur nicht auf eine eitle Weise, und in ihren gemeinen Gesprächen, welches auch schon unter dem Mosaischen Geseb verboten war; sondern auch nicht in Gerichten vor der Obrigs Feit.

VI. Daß es den Christen verboten ist, dem Fechten. Uebel zu widerstreben, oder in einigem Fall, oder aus einigerley Ursache zu fechten oder Brieg zu führen.

Ebe ich mich in eine besondere Untersuchung dieser Gewiffe Dinge einlasse, so will ich erst, allem Mißverstand vors sermürbe zubeugen, einige allgemeine Betrachtungen voraus fes und des zen, und hernach etlithe allgemeine Erinnerungen beis Vorzugs fügen, welche überhaupt auf alle zugleich gehen. Es laubt. meine ja niemand, als ob wir hierdurch diejenige ges bührende und schuldige Verhältniß gegen einander, Yoder denjenigen Unterscheich so sich zwischen Súrs sten und dem Volk, zwischen Herrn und Dienern, und zwischen Eltern und Kindern findet, aufleben wollten. Mein ganz und gar nicht. Wir wollen aus genscheinlich dartun, daß unfer Grund-Sag in diesen Dingen kein solches Absehen hat: Sondern diese nas türliche Verhältniß vielmals einer verschiedenen S $86 2

Perfon

Person auf die andere vielmehr hierdurch bestätiget, als auf einige Weise verteget werde. So gerathe auch niemand auf die Gedanken, als ob aus unserer Meinung, die wir in dergleichen Dingen begen, die geringste Notwendigkeit folge, daß alles einans der gleich werden, oder man alle Dinge gemein haben müsste.

Unsere Lehre lässt einem jeden dasjenige friedlich besigen, was er entweder durch eigenen Fleiß, oder von seinen Eltern erlangt hat; nur wird er dadurch unterwiesen, solches recht zu gebrauchen, so wohl ihm selbst, als seinem Bruder zum Besten, und alles zur Ehre Gottes. Worin auch seine guten Werke freiwilig und keineswegs gezwungen sein sollen. Übers dieses besdyliessen wir hierdurch, gar nicht, daß einer die Geschöpfe nicht mebr oder weniger als ein anderer gebrauchen moge. Denn wir wissen, daß, gleidywie es Gott gefallent, solche auf untersdriedis che Weise auszuteilen, und einem mehr, dem andern

aber weniger zu verleihen; deshalbsie solches auch auf Die Aufer: dergleichen Art gebrauchen mögen. Die unterschies daber und denen Stände und Umstände, in weldhen sich die Mens terschies fchen befinden, nebst der damit übereinkommenden den.

Auferziehung, geben dieses fattfam zu erkennen. Der Knecht ist nicht auf solche Art erzogen, wie der Serr; der Pachter nicht wie der Eigenthumessert; der Reiche nicht wie der Arme; und der Sürst nicht wie der Bauer. Ob es nun schon keinem einigen darunter erlaubt ist, wenn er auch gleich noch so großen Übers fluß hat, oder noch so reichlich erzogen worden, dass jenige zu gebrauchen, was bloß überflüßig ist; somos gen sie dennoch, weil sie durch ihre Äuferziehung dazu gewóbnet sind, und ihre Mittel ihnen solches ers lauben, wenn sie keine Verschwendung und Ausschweis fung darinnen begehen, ein wenig gemachlicher leben, als foldhe, deren Auferziehung sie dergleichen Lebenss

Art

nud uns

Art weder gewohnt, noch auch ihr Zustand vermögeno gemacht hat, dieselbe zu erfdwingen. Denn es ist der recht-

                                                           mäßige

ausser Zweifel, daß Gott alle Dinge zu Muß des Menschen geschaffen habe, und der mäßige Ges rechtmäßis brauch derfelben erlaubt sei. dennoch können ge.com sie zufälliger Weise einigen zur Sünde gereichen, ob Creaturen. sie Tchon bei andern keine Sünde sind. Als zum Erempet, einer, der wegen seiner Auferziehung und wegen seines Vermögens gewohnt ist, Sleisch zu efs sen, und Wein zu trinken, und mit der seinsten wolle bekleidet zu sein, wenn es sein Vermögen zulassen will, und er solches weder im Überfluss, noch auf eine uns mäßige Weise gebraucht, der magfoldies tun; und wenn er vielleicht sich bekosten und bekleiden sollte, wie ein Bauer, so móchte es wohl der Gesundheit seines Leibes nachteilig sein, und dennod seiner Seele nichts belfen. Wenn aber einer, dessen Vermögen und Auferziehung ihn einer geringern Roft und Kleidung gewohnt gemacht hat, zum offenbaren Nachteil seiner Familie und seiner Kinder, mehr vers tun wollte, als er verdient oder einnimmt, so würde es ihm sonder Zweifel zur Sünde gereichen, wenn er eben deshalb essen, und eben deshalb gekleidet geben wollte, wie ein anderer, dem es erlaubt ist; weil dieser andere vielleicht deswegen so sehr gedemütliget Feyn, und sich so viel versagt haben kan, bei herablassung zu demjenigen, wonach der andere sstrebt, und was er jenem über Vermögen und Gewohnheit gleichzus tun sucht. Das sicherste demnach vor solche, so die Fülle haben, ist, daß sie über sich selbst wachen, daß sie solche mäfiglich geniessen und allen Überfluss vers Die Mei- meiden, und sich vielmehr nach aller Möglichkeit willig den sollen und bereit finden lassen, der Nothdurft derer bevzu: tigen bel springen, denen die Vorsehung wenig zugeteilet hat. fen. Der Bruder von einer böbern Staffel rühme sich seiner Erniedrigung; und welche GØer in einen

niedrigen

1

Jac. 1,9. niedrigen Zustand geleget hat, die sollen damit

zufrieden sein, und solche Brüder nicht beneiden, die grössern Überfluss besigen, indem sie gar wobi wissen, daß sie am innerlichen Tienschen Über. fluß empfangen haben, worauf am allermeisten zu fes hen. Und deshalb sollen sie sich vor einer solchen Bersuchung in Acht nehinen, daß sie ihren Beruf, fiatt eines Kunstgrifs reicher zu werden, gebrauchen; da ihnen nicht unbewust ist, daß sie diesen Vorteil por den Reichen und Edlen haben, die berufen sind, daß sie die Wahrheit, auch nicht einmal in den Aus gen der Welt, geringer macht, wie den andern wis derfälret; sondern daß sie, vielmehr dadurch erbøbet werden, indem sie, durch die

innerliche und geistliche Gemeinschaft der Heiligen, Brüder und Mitgesellen der Gröjten und Reichsten werden; und in Ansehung dessen, freue sich, der niedrig ist, seiner Sobe.

Nachdem ich nun dieses voraus gesetzt, so mil ich allen solchen, die gesounen sind, Christen in der Tat und Wahrheit zu sein, und nicht nur dem tamen nach deshalb zu heissen, ernstlich zuerwegen geben, ob es nicht zu wünschen wäre, und ob es nicht ungemein viel zum Kuhm des Christentums, und zum Wachss chum des Lebens und der Kraft Christi beitragen würde, wenn alle überflüßigen Ehren:Titel, Ders schwendung und Übermaß im Effen und Tring Een und köstlicher Rleidung, úppige Spiele, Lusts barkeiten und Comédien, 2c, abgefdjaffet und vers mieden würden? Und ob nicht diejenigen, die sich des ren enthalten den Jüngern Christi und seinen Aposteln gleicher wandeln, und ihrem Exempel darinnen náber kommen, als diejenigen, die solche Dinge gebrauchen? Ich bitte ferner zu erwegen, ob die Abschaffung oder Unterlassung derselben jemand hindern würde, ein gus ter Christ zu sein? Oder, ob nicht die Christen ohne solchen beffer sein würden, als bei deren Einführung?

Gewiß alle bescheidene und ernsthafte Leute, unter allen Partheyen, werden init Ja antworten. So sind denn sicherlich diejenigen, die sich deren enthalten, weil sich solche, ihrem Urteil nach, vor Elristen nicht schicken, keineswegs zu tadelit; sondern vielmehr zu loben: Weit sie sowohl in der Lehre, als in der Auss übung, dasjenige wirklich beweisen, was andere wünschen, und vor begehrenswürdig erkennen; aber nimmermehr werkstellig maden werden, so lange sie den Gebrauch derfelben dulten und vor zugelassen hale ten. Und Gott hat es zu dieser Zeit offenbar gemas dhet, daß er durch Entdeckung sol ver sündlichen Ditis gé, indem er seine Knechte davon b frevet, und sie dars wider zeugen lassen, in manchen et. ¿ so große Selbsts verleugnung, und Entziehung onder Liebe und den Sorgen dieser Welt, wirklich, hervorgebracht hat, daß, ob sie schon noch täglich in der Welt wallen, so wohl im Ehestand, als in ihren rechtmäßigen Ges schaften: Da man sonst meinte, als ob dergleichen nur von denen, die in Klostern versperret und von ans dern Menschen abgesondert waren, erhalten werden könnten; sie dennoch innerlich davon erläset sind.