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S. I.
Nachdem ich sowohl die Lehre als den Gots tesdienst betreffen, gehandelt habe; so will ich nun auch von einigen Gewohnheiten reden, welche von diesen Grund-Sagen bei denjenigen Zeugen, wels che Gott an diesem Tage erweckt hat, von seiner Wahrheit zu zeugen, gewirkt und hervor gebracht worden sind. Ich sollte meinen, es músie ihnen bei erbaren und verständigen Leuten zum besondern Lobe gereichen, daß sie überhaupt (auch nach dem Bekennts niß ihrer Widersacher) von denjenigen Greueln frei befunden werden, die unter andern in vollem Schwans ge gehen, die sich zum Christentum bekennen; als da sind Sluchen und Schworen, Trunkenheit und Völlerey, Surerey, und Ueppigkeit, ac. und daß insgemein der bloße Umgang mit diesem Volt, bei denjenigen, so darunter kommen, alsbald eine solche Veränderung wurket, daß viele lasterhafte und gotts lose Personen bekannt sind, welche, so bald sie sich dieser Wahrheit genahet, erbar und tugendbaft wors den sind; und viele leichtsinnige, eitele, und leichts fertige Gemüter haben unter ihnen ein rechtes ernsthaftes und sittsames Wesen angenommen, wie unses re Widersacher nicht leugnen dürfen.
(*) gedoch damit es nicht scheine, als ob sie gar nichts hätten, womit sie uns verleumden konnten, so pflegen sie uns ohne Unterlaß wegen derjenigen Dins
ge
(*) Auf diese Weise pflegten die Katholiken die Nüchternfeit der voaldenser zu mißbilligen; von melchen Reinerus, ein Pa. pistischer Autor, deshalb schreibt: Diese Secte der Leoniti en hat aber einen großen Shein der Wahrheit; denn sie leben gerecht vor den Menschen, und glauben in allen Stücken, auf eine ridtige Weise an Gott, wie auch die Artickel, die in dem
ge anzuklagen, welche sie, wenn sie unter ihnen ges funden werden, aufs höchste heraus streichen. Also muß ihnen unsere Ernsthafrigkeit, mürrische Uns freundlichkeit, unser eingezogenes Wefen, Mes lancholie und Traurigkeit, und unser Stilfchweis gen, Tummheit beissen. Diejenigeri, die unter ihs nen lasterhaft und ruchloß gelebt haben, aber wenn sie zu uns komnmen, diese Untugenden ablegen, können doch ihrer Beschmüßung nicht entgehen. Denn damit sie nur die Wahrheit unserer Bekenntniß nicht loben dürfen, so sprechen sie, da sie vorher rudylore Welts Menschen gewesen, so wären sie nun noch viel salims mer worden, weil sie sich in heuchlerische und geists lich-stolze Pharisäer verwandelt hätten. Wenn eis nige vorlier unter ihnen liederlich und verschwens derisch gewesen, die beschuldigen sie, wenn sie mit uns zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, mit Geig und Knickerey; und wenn einige, die wegen ihret Mäßigkeit, Gottseligkeit und Erkenntnis GOT tes bekannt gewesen, zu uns treten, von denen sprechen sie, die Melancholie und enthusiastische Schwärs merey hátte ihnen jederzeit angewandelt; da es doch vorhero, als sie noch unter ihnen waren, weder vor Melancholie noch
Enthusiasterey, in üblem Verstand, sondern vor Christliche Ernsthaftigkeit und göttlis che Erleuchtung gehalten worden. Unsere Sreys müthigkeit und Christliches Leiden nennen sie Vers stockung und Sartnäckigkeit. Da doch, wenn nur halb so viel unter ihnen zu erblicken wäre, man soke ches vor Christliche Seldenmuth und hobe Súrs treflichkeit eines edlen Geistes achten würde. Und ob sie schon, aus Neid und Mißgunji, alles unser Thun rückwärts zu lesen, das ist, verkehrt anzusehen pfles
gen,
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Glaubens Bekenntniß enthalten sind; nur lästern und haffen sie die Römische Kirche.
ren.
gen, und dasjenige an uns vor Laster ausschreyen, was sie bei ihnen als die herrlichsten Tugenden ere heben würden, so hat dennoch die unwiderstreblidhe Gewalt der Wahrheit diese Bekenntniß von ihnen öfters heraus gepresset, daß wir überhaupt, was unsern äußerlichen Wandel anbelange, ein reis nes, unschuldiges und unsträfliches Pole was
Allein dieses, sprechen sie, geschehe nur aus Pos litick, andern mit unserer Regerey die Augen zu blenden.
Allein dieses ist eine solche Politick, deren sich Chris stus und seine Apostel bedient, und alle rechtschaffene Christen befleißigen sollen. Ja, dergestalt hat die Wahrheit, durch die Reinheit ihrer Nachfolger, die Oberhand behalten, daß, wenn einer, der ein Quäs ker genennt wird, dasjenige tut, was unter ihnen doch etwas sehr gemeines ist, als wenn er lachet, scherzet, ein wenig zu viel Geschwäßes und Wes sens macht, oder seinein gegebenen Wort nicht pünctlich nachkommt, oder von einer jáben Sis Be und vom Jorn úbereilet wird, so fangen sie alss bald an zu schreien: O, dieses ist ja euerm Bekennts niß zuwider! gleich als ob es mit ihrem febr wohl bestehen könnte, wenn einer dergleichen Dinge vors nimmt. Ob sie nun schon darinnen die Wahrheit sagen, so geben sie doch dadurch ihre Sache verloha ren. Wenn sie aber einen unter unserm Namen in einigen von denjenigen Lastern betreten können, die bei ihnen etwas gar gemeines sind; (und wer wolte sich wohl einbilden, daß unter so viel tausenden sich nicht einige Spreu befinden folte, da auch unter den 12. Aposteln selbst einer ein Teufel gewesen.) D was für eine Freude erhebt sich? Wie machen sie aus eines Quakers Fehltritt ein árgeres Wesen, als wenn hundert unter ihnen in Schand und Laster hinein fals len.
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