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warning
Daf aber kein sterblicher Mensch, termoge einiger Gewalt, Herrschaft oder Fürstenthums, so er in dem Regiment dieser Welt besitzt, Madje über
die Gewissen der Menschen babe, erhellt erstens Das Ges daraus, weil das Gewissen der Menschen der Sts wissen der und Thron Gottes in ihm ist, worüber Gott SDttes. allein der eigentliche und unbetrügliche Richter vers
bleibt, der durch seine Admacht und durch seinen Geist die grrthümer des Geriffens zurecht bringen kan; daher er sich vorbehalten, dieselben, wie es seine Weiss heit vor gut befindet, zu bestrafen. Wenn sich nun die Obrigkeit dessen anzunassen sucht, so tut sie hierdurch einen Eingrif in dasjenige, was ausserhalb des Bezirks ihrer Gerechtsamkeit liegt. Denn wenn dieses mit zu ihrer Botmäßigkeit gehörte, so müsste sie der tüchtige Richter in solchen Sachen sein; und dieses als eine wesentliche Eigensdaft ihres Amts an sich haben, daß sie fähig wäre, einen gültigen Auss pruch darinnen zu tun. Daß aber die Obrigkeit, als Obrigkeit, weder ein geschickter Richter in fols chen Fällen ist,noch auch, als Obrigkeit, die dazu ers forderte Fähigkeit besitzen musste, können unfere Wis Derfacher nicht in Abrede sein; fonfi müften sie sagen, daß alle beionische Obrigkeit entweder keine rechts
mäßige
mäßige Obrigkeit gewesen, weil ihnen etwas wesents liches bei ihrem Amt gemangelt. Und dieses wäre der ausdrücklichen Lehre des Apostels zurrider, Róm. 13. oder sie müften vorgeben, (welches noch unger reimter wäre, daß solche beidnisde Obrigkeit bei den Christen ein geschichter Richter in Gewissens. Sus chen gewesen wäre. Was diejenige Ausflucht ans langet, daß die Obrigkeit, nad dem Befinden und Urteil, und nach der Entscheidung der Kirche, bes strafen sollte, welches in der Tat eben so viel ist, als die ‘Obrigkeit zu der Kirchen-Senker machen; davon mrerden wir hernach zu reden Gelegenheit haben, Wenn aber die vornehmsten Glieder der Kirche, ob sie schon zu lehren, zu unterrichten und zu bestrafen verordnet sind, dennoch sich keiner Herrschaft über den Glauben und die Gewissen der Gläubigen ans mossen sollen, wie der Apostel ausdrücklich bekräftigt 2 Cor. 1, 24. so sollen sie sich diese Herrschaft auch victweniger anmassen, oder die Obrigkeit aufbeßen, diejenigen zu verfolgen und hinzurichten die ihnen dars innen nicht nachgeben können.
Zweycens ist diese angemaßte Gewalt der Obrigs keit dem wahren Wesen des Evangelium gänzlich zus wider, und kann unmöglich damit bestehen, als wels ches mit der Herrschaft und dem Regiment der welt: lichen Staaten ganz und gar nichts zu tun hat; pie Christus ausdrücklich zu erkennen gebietet, wenn er spricht, sein Heich sei nicht von dieser Welt. Und wenn die Fortpflanzung des Evangelium eine nothwens dige Berwandschaft damit gebabt hátte, so würde Christus nicht deshalb gesagt haben. Nun hat er aber durch sein Beispiel, dem wir in dergleichen Dingen vornämlich nachfolgen sollen, sattsam gezeigt, daß das Evangelium nicht durch Geiffeln, Gefängniss se, Stadt und Lands-Verweisungen, riord und Todtschlag; sondern durch die Üeberredung und durch
die Kraft Gottes, fortzupflanzen sei; und daß dies jenigen, so die Fortpflanzer desselben sind, zum öftern von den Gottlosen viel leiden, nicht aber ürsache ges ben folten, daß die gottlosen durch sie leiden másten. Wenn er seine Jünger außendet, so spricht er zu ihs
nen, er sende sie aus wie Lämmer mitten unter Matth.10, die ‘Wolfe, widig und bereit zu sein, verschlungen zu 5.61. werden, nicht aber andere zu verschlingen. Er kúns
diget ihnen an, daß sie, um des Gewissens willen, gegeiffelt, ins Gefängniß geworfen und gerddet werden würden; nicht aber, daß sie jemand geiffeln, ins Gefängniß werfen oder tödten sollten. Ges wißlich, wenn die Christen als Schaafe und Lám: mer sein sollen, so ist der Schaafe und Lämmer Eis genschaft keineswegs, jemand zu fressen oder zu vers schlingen; zu verlenen oder zu vertilgen. Es dient zu nichts, wenn man anführt, daß die Obrigkeiten, zu Christi und der Apostet Zeit; seiden gewesen was ren; und daher hätte Christus und seine Apostel, weil weder er noch seine Jünger (noch auch sonst jemand unter den Gläubigen) ein obrigkeitliches Amt bekleis det, solche Gewalt nicht ausüben können. Massen
nicht geleugnet werden kan, daß Christus, als der Matth. 23. Sohn Gottes, ein wahres Recht zu allen Reichen $. 18. der Welt gehabt, und der rechtmäßige Erbe des
Erdbodens gewesen sei. Und was seine Gewalt ans lanĝet, so kann nicht geleugnet werden, daß er, tvenn er es vor gut angesehen und gewollt bätte, vielen Regis onen Engeln gebieten können, zu seiner Beschirmung zu erscheinen, und die Sürsten und Gewaltigen auf Erden zu zwingen, ihm unterwürfig zu sein. Matt. 26, 53. Daß es demnach aus keiner Ursache, als Dieser, nicht gefdyehen, weil es der Eigenschaft des Evangelium und Lehr:Ämts Christi zuwider gewesen, bei seinem Zweck, die Seelen zu sich zu versammeln, Zwang und Gewaltthätigkeit zu gebrauchen. Dies
ses
fes leget er bei Bestrafung der zwei Söhne Zebes dai fattfam an den Tag, welche gebieten wolten, daß Seuer von Himmel fallen sollte, diejenigen zu verzehren, die sich weigerten, Christus aufzunehmen. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß dieses ein so gross sei Fehler gewesen, als irgends heut zu Tag ein Fres thum wegen des Glaubens und der Lehre Christi sein kan. Daß es ihnen nicht an der Gewalt gefehlt, diese Ver ichter Christi zu bestrafen, kann wohl von niemand in Zweifel gezogen werden. Denn da sie andere Wunder-Werke tun konnten, so wären sie auch wohl vermögend gewesen, dieses hervor zu brins gen. Überdieses hatten sie das Exempel eines heilis gen Mannes unter dem Gesetz, nämlich des Prophes ten Elias, vor sich, der solches getan hatte. Nichts destoweniger sehen wir, was Christus zu ihnen las get: Wisset ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid ? Luc. 9, 55. Denn des Menschen Sohn ist nicht kommen, der Menschen Seelen zu vers derben, sondern zu erhalten. Hier gebietet Chris stus zu erkennen, daß dergleichen Eifer keineswegs von ihm gebilligt werde. Und diejenigen, welche Christo und seinem Evangelio durch dergleichen Mits tel den Weg zu bahnen meinen, die wissen und vers stehen nicht, welches Geistes Kinder sie sind. Wenn es nun nicht recht gewesen, dem Feuer vom Sims mel zu rufen, diejenigen zu verzehren, die Christus nicht aufnehmen wollten; so ist es noch vieliveniger erlaubt, ein Feuer auf Erden anzuzänden, diejcs nigen zu verbannen und zu vertilgen, die an Chris stum gläuben, weil sie, Gewissens halber, nicht glauben wollen und können, was die Obrigkeit glaus bet. Und da den Aposteln, die ein so reidzliches Maß des Geistes hatten, und dem Jrrthum nicht so leicht unterworfen waren, nicht vergönnet gewesen, andes re zu ihrem Glauben zu zwingen; so kann es jegt fols
chen
chen Leuten, welche, wie die Erfahrung bezeugt, und viele darunter selbst gesteben, irren können, noch viels weniger zugelassen sein, alle diejenigen zu tódten und zu vertilgen, die (weil sie in ihren Gemütern eines andern überzeugt sind, ) in Gewissens-Sachen nicht auf eben solche Weise, wie sie, urteilen und glaus ben können. Und da es der Weisheit Christi, der doch der Rönig aller Könige, und der Serraller SErren war, nicht gemäß Tchiene, die Leute durch, äußerliche Gewalt zu zwingen, daß sie an ihn gläus ben, und ihn aufnehmen mórtyten, weil solches mit dem wahren Wefen seines Amts und geistlichen Res giments nicht bestehen könnte; so frage ich, ob ihn nicht diejenigen gróblich beleidigen, die durchaus weis sei sein wollen, als er, und die Leute mit Gewalt dazu treiben, sich, wider die Überzeugung ihres Ges wissens, ihrer Lehre und ihrem Gottesdienst gleichs förinig zu erweisen? Das Wort des Herrn sagt: Es soll nicht durch Seer und durch Braft, fons dern durch den Geist des Herren geschehen, Zach. 4, 6. Aber diese sagen: Es soll nicht durch den Geist des Herren, sondern durch Macht und
fleischliche Kraft geschehen. Der Apostel bezeus a Cor.10, get deutlich, daß wir nicht mit Fleisch und Blut
zu kämpfen haben; und die Waffen unserer Rits terschaft nicht fleischlich sind, sondern geistlich. Diese Leute aber wollen durchaus mit Fleisch und Blut fámpfen, wenn sie mit dem Geist und dem Verstand nicht fortkommen können; und weil es ihnen an geists fichen Waffen mangelt, so nehmen sie die fleischlichen zu Hilfe, öas Reich Christi auszubreiten, welches sie doch nimmermehr tun können. Und derobalben, wenn man die Sache genau untersucht, so wird man befinden, daß es mehr aus Liebe gegen sich selbst, als aus Liebe zu Gott, und mehr aus einem Socha much des menichlichen Herzens, welcher will, daß
sich alle andere vor ihm beugen sollen, als von einer Begierde, das Reich des Demüchigen Jesu zu ers weitern, berrührt. Gewißlich, Christus bedient sich eines ganz andern Mittels. Denn er spricht: Er wolle sein Volk, an dem Tag seiner Macht, zu einem willigen Volk machen. Diese Leute aber suchen die Menschen, wider ihren Willen und wider ihr Gewissen, nicht durch Christi Macht und Kraft, fundern dürch das äußerliche Schwerdt, zu dessen Volk zu machen, welches sie doch nimmermehr tun können, wie hernach gezeigt werden soll.
Drittens gebietet uns Christus in dem Gleichnis vom Unkraut fattfam zu erkennen, was hierinnen sein Wille und Sinn fen Matth. 13. wobei wir ihn selbst zum Ausleger haben, v. 38. 39. 40. 41. alls mo er es seinen Zuhörern erklärt, und ihnen sagt, daß es die Kinder der Boßheit (oder des Argen) wären; und dennoch wil er nicht haben, daß sich seis ne inedite daran vergreifen sollen, auf daß sie nicht auch zugleich den Weißen mit ausraufen möchten. Nun kann nicht geleugnet werden, daß allhier die Res Ber mit darunter zu verstehen sind. Diese Knechte aber sahn das Unkraut, und wussten solches gewiss zu unterscheiden;" dessen ungeachtet wolté Christus nidst, daß sie sich damit vermengen sollten, damit sie nicht vielleicht dem Weigen Schaden zufügten. Wos durch er ihnen anzeigt, daß die dem Menschen ans klebende Schwachheit, sich betrügen und irren zu können, ihm zu einem Zaum dienen sollte, in dergleie chen Snden behutfam zu verfahren. Diesem Ung heil vorzubeugen, verbietet er ihnen solches ausdrück, lich, d. 29. Aber er sagte, nein.’ Daß demnach diejenigen, welche, dessen ungeachtet, alles, was sie vor Unkraur halten, ausraufen wollen, öffentlich an den Tag legen, daß sie sid; kein Bedenken darüber machen, die Gebote Christi zu übertreten. Es ift DOOD
eine
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einwurf.
Antwort.
eine recht eiende Ausflucht, deren sich einige von uns fern Gegnern alhier bedienen, wenn sie anführen, dieses
Unkraut wväre von den Beuchlern, und nicht von den Begern zu verstehen. Da aber die Beger eben so wohl, als die Seuchler, Kinder der Boßs heit (Kinder des Boßhaften oder Argen) sind, so haben sie weiter nichts, als ihr eigenes Vorgeben, dieses dazutun, welches dahero billig verworfen wird.
Wenn sie sagen, man känne die Seuchler nicht leicht unterscheiden oder erkennen, aber wohl die Reger; so antworte:
Dieses ist beides falsch, und eine unbewiesene Sas dhe, davon erst noch die Frage ift. Denn diejenige, die vermögend sind, geistliche Sachen zu unterscheis Den, die können auch so wohl die Heuchler als die Kres Ber unterscheiden; und denen es an solcher Fähigs Leit mangelt, die können weder diese nocy jene recht uns terscheiden. Zumal die Frage entstehen wird, ob derjenige ein Keßer sei, den die Obrigkeit dars für ausgebietet? Und da es nicht nur möglich ist, sons dern auch von allen zugestanden wird, daß die Obs rigkeit öfters dasjenige vor Regerey gehalten, wels ches doch keine gewesen ist, und folglich die Leute, an statt des Jrrthums wegen, um der Wahrheit willen gestrafet, hat. Es kann von der Gewissheit der Keßerey kein Beweis bergenommen werden, man müsste denn schließen wollen, die Reserey könnte nies mals für Wahrheit, und die Wahrheit niemals irs rig vor regerey gehalten werden. Da doch die Ers fahrung, auch unter den Christen, das Gegenteil bezeugei So lässt sich auch diese Ausfluche nicht mit diciem Ort vertheidigen. Denn die Knechte wus ften das Unkraut gar wohl von dem Weitzen zu uns terscheiden, und waren dennoch der Gefahr unterwors fen, bei Ausreutung jenes, diesen zugleich mit auszus raufen.