Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

11.18

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Rohdaten: Text wurde noch nicht gesichtet und korreliert.

Das Predigen, wie soldies sowohl uns ter den Katholiken als Protestanten im Brauch ist, ben den be steht darinnen, daß einer einen Ort oder Vers aus Proteftans der Bibel ninimet, und eine, oder zwei Stunden Katholiken Darüber herschmaket, was er auf seiner Studirstube it? bereits vorher überlegt und betrachtet, und teils aus wendig ges seiner eigenen Erfindung, teils auch aus den drif- lernte Reten und Anmerkungen anderer zusammen gesammelt; net in einer und nachdem er solches auswendig gelernet, (wie ein Stunde Schul- Knabe seine Lection) dasselbe hervor brins ereno get und vor dem Volk wiederholet. Und je fruchts bersagt. barer und glücklicher eines solchen Mannes Érfindung ist, je nielir Fleiß und Arbeit er bei Sammlung sola cher Anmerkungen angewandt hat, und je herrlicher die Rede, je fliessender die Sprache und menschliche Beredtfamkeit ist, in welcher er sie fürträgt; für einen desto geschicktern und fürtreflichern Predis ger wird er gehalten.

Diefem regen wir entgegen, daß wenn sich die Beis Das mahligen versammelt haben, und jeder zu der Gabe und

re Predi:

gen durch Gnade Gottes in ihm selbst eingekehretist, so muß den Geiß.

derjenige

derjenige, der da dient, wenn er durch die aufgehens de Gnade dazu bewegt wird, dasjenige ausspres chen, was ihm der Geist Gottes eingebietet. Wos bei er nicht auf die Beredsamkeit und Weisheit der Worte, sondern auf die Beweisung des Geistes und der Kraft siebet. Und soldies tut er, ents weder mit Auslegung eines Stücks aus der Schrift, falls ihn der Geist, welcher die beste Erinnerung gies bet, dazu feitet; oder auch mit andern weisen Wors ten der Ermahnung, Warnung, Bestrafung und linterweisung: Ebenso durch Anzeige der Empfindung einer oder der andern geistlichen Ers fahrung. Welches alles der Schrift gemäß sein kan, wenn es sich gleich eben auf kein besonderes Cas pitel, oder auf keinen besondern Vers, als einen Tert, bezichet und gründet. Nun lasset uns untersuchen und betrachten, weldie Art zu predigen unter diesen betyden, mit denen in der Schrift aufgezeichneten Ans weisungen Christi und seiner Apostel, und der ersten Kirche, am genausten überein Fóminet. Denn was erfilich dieses anbetrifft, daß sie über einen gewissen

Pert predigen, so wollten wir, wenn es nicht bloß aus Gewohnbeit und auf eine vorher ausgestudirte Weise, sondern durch die unmittelbare Bewegung des Geistes geschäbe, solches keineswegs tadeln. Als leine auf die Art, mie sie es verrichten, findet sich weder Anweisung noch jemahliger Gebrauch dars zu, den ich irgendsmo in dem neuen Testament, als ein Stück des eingeseßten Gottesdiensts desselben, anmerken können.

Alleine sie führen an, daß Christus das Buch des Propheten Jesaia genommen, daraus her: gelesen und solches erkläret; und daß Petrus über cinen Spruch aus dem Propheten Joel gepredis get babe. Ich antworte, daß Christus und Petrus solches

Einwurf.

Antwort

nicht anders, als wie sie von dem Geist Gottes auf 1. Christi eine unmittelbare Weise dazu angetrieben und bewes Wredigen get worden, und zwar ohne vorherangestellte Überles war tein

vorher gung, getan haben. Welches unsere Widersacher,

ausgedachs meines Erachtens, nicht leugnen werden. In wels tes. chem Fall wir es gar gerne zugeben. Alleine was gebet dieses ihre gewöhnlichen auswendig gelerneten Predigten an, da sie die Bewegungen und Leitungen des Geistes weder hoffen noch erwarten? Überdieses erhellt auch daraus, daß weder Christus noch Petrus solches als eine festgelegte Gewohnheit oder Weise, die von allen Kirchen-Dienern beständig beobachtet werden müsste, getan habe; weil fast alle Predigten, die von ihm und seinen Aposteln gehalten worden, und in der Schrift aufgezeichnet sind, nad, keiner solchen Lehrart abgefaßt gewesen. Wie aus seiner Predigt auf dem Berge erbjellet, Matth. 5, 1.2. Marc.4, 1.2. Ebenso aus Pauli Predigt an die Athenienser und Júden 2. Gleichwie demnach diese Art zu predigen kein einziges Gebot der Schrift zum Grund hat; deshalbist die wesentliche Beschaffenheit desjelben der Lelirs ärt, deren sich Christus bei seinen Predigten im Neuen Testament bedient, wie solche in der Schrift beschrieben und angewiesen wird, zuwider. Denn Christus erinnert bei Aussendung seiner Jünger ause drücklich, daß sie nicht aus oder von sich selbst reden, oder vorher entwerfen sollten, was sie vorbringen möchten; sondern was sie der Geist in derselben Stunde lehren würde; wie von allen drey Evanges listen auf eine gar besondere Weise erwehnet wird, Matth. 10, 20. Marc. 13, 11. Luc. 12, 12. Nach, dem nun Chrisius seinen Jüngern diesen Befehl geges ben, ehe er noch von ihnen geschieden, daß sie solchem, so lange als er noch äußerlich bei ihnen wäre, nach. kommen sollten; so sind sie vielmehr verbunden gewer fen, denselben nach seinem Abschied zu beobachten, Ett

Sintemal sie den Geist alsdenn auf eine besondere Weise empfangen sollten, der sie in alle Wahrheit leiten und sie alles erinnern würde, sol.I426 Undda sie diesegtun slen, wenn sie vorderQbrig keit und vor den weltlichen Fürsten erschienen; wie vielmehr gebühret ihnen solches bei der Verehrung Gottes da sie auf eine besondere Weise vor ihm stehen? Angesehen er, wie vorher gezeigt worden, in Geist angebetet sein will, und seine Verehrung im Geist geschehen soll. Und deshalb wird, nach Empfahung des heiligen Geistes, von ihnen gesagt, daß sie geredet, wie ihnen der Geist auszuspres chen gegeben, Apoji. Gerd). 2, 4. Wie ihnen der Geist auszusprechen gegeben; nicht, worauf sie schon zu Hause auf ihren Studirstuben studiret und meditiret, und mit guter Weile aus vielen Büchern zusammen getragen gehabt.

Der vorher angeführte Franciscus Lambertus res bertus,defs

det febr wohl bicrvon, und zciget ihre Heuchelei, sen Beug: wenn er Tract. 5. von der Weissagung, cap. 3. fas bet Boreti- get: Wo sind nun diejenigen, die sich ihrer Ers ger ausges findungen rúhmen? Die da sagen: Eine herrlis Audirte Er: ‘che Erfindung! Eine unvergleichliche Erfinds und Ge" ung! Sie nennen das eine Erfindung, was sie Dichte selbst erdichtet haben. Alleine, was haben die

Gläubigen mit dergleichen Erfindungen zu tun? Wir begehren keine Erfindungen, keine Gedichs te; sondern was gründlich, was unüberwino, lich, was ewig und himmlisch ist, das verlans gen wir; nicht was die Menschen erfunden, sons dern was Gott offenbart bar. Denn wenn wir der Schrift glauben, so nuget unsere Ers findung zu nichts, als Gott zu unserm Verders ben zu reigen. Und hernach spridit er: Zúte dich, daß du dir nicht vornimmst, dasjenige so gar genau zu predigen, worauf du zuvor studirer

îng

und meditiret hast, es sei auch was es wolle, Denn ob es schon erlaubt ist, einen Tert zu er: wählen, den du erklären willst, so kanst du doch die Auslegung desselben nicht vorher bestimmen. Damit du nicht dadurch dem Seil. Geist dasjes nige entziehest, was ihm zugehört, nämlich, deis ne Rede zu regieren, damit du in dem Namen des Herren weissagen, und von aller Gelehrsains keit, Fachsinnung und Erfahrung so entblöfset, als ob du gar nichts studirer und gelernet bäts test, da stehen mögest. Indem du dein Berz, deine Zunge und dich selbst seinem Geist gänzlich übergiebest, und dich auf dein voriges Scudis ren und Meditiren ganz und gar nicht verlaffeft; sondern, mit volligem Vertrauen auf die gättlis che Verheissung, bei dir selbst sageft, der Erc will denen, die das Evangelium predigen, das Wort mit großer Kraft geben. Vor allen Dins gen aber nimmi dich forgfältig in Acht, daß du der Gewohnbeit der Seuchler nicht nachfolgest, die fast von Worr zu Wort, was sie reden wols len, aufgeschrieben haben, als ob sie etliche Reis men auf einem Schau-Plas hersagen sollten, ins dem sie ihre Predigt auswendig gelernet, wie diejenigen, so Trauerspiele aufführen, ihre ers ftaunlichen Mord-Geschichte:Und doch hernach, wenn sie an dem Ort stehen, wo sie weissagen sollen, den Herrn anrufen, daß er ihre Junge regieren wolle; immittelst aber dem heiligen Geist den Weg versperren, da sie beschlossen, nichts anders, als was sie aufgeschrieben haben, vorzubringen. O eine unselige, ja, verfluchte Art der Propheten! Welche sich nicht auf den heilis cen Geist, sondern auf ihre Schriften und mühs Jame Erfindungen verlassen! Du falscher Pros pber! Warum rufest du den 5’eren an, daß er Ett 2

dir

)

  1. Die

ben.

dir-seinen heiligen Geist, durch welchen du ets was núgliches reden mogeft, verleiben soll, da du doch den Geist von dir liofest? Warum zies best du dein Mediciren und Studiren, dein Dichsten und Sinnen dem Geist Gottes vor ? Warum übergiebest du dich nicht vielmehr selbst diesem Geist?