Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

11.14

Bearbeitungsstand

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Über dieses wissen wir, daß wir hierdurch in der Ordnung des neuen Bundes stehen, und in der Tat Jünger Christi sind, indem wir mit ihm an solcher geistlichen Anbetung, die im Geist und in der Wahrheit geschieht, Teilnehmen. Weil, gleichwie er war, deshalb auch wir in dieser Welt sind. Denn der Gottesdienst des alten Bundes hatte eien äußerliche Herrlichkeit, einen Tempel, und mancherlei Zeremonien, und war voller äußerlichen Glanz und Majestär, hatte ein äußerliches Tabernakel oder eine Hütte und einen Altar, mit Gold, Silber und Edelgesteinen geziert; und die Vollziehung ihrer Opfer war an einen äußerlichen besondern Ort, nämlich den äußerlichen Berg Zion, gebunden, und denjenigen, die da beten wollten geziemte, mit auf den äußerlichen Tempel zugekehrten Angesichtern zu beten. Und deshalb musste dieses alles durch einen äusserlichen Arm unterstützt und beschirmt werden. So konnten auch die Juden ihres Gottesdienstes nicht eher ruhig pflegen, als wenn sie vor der Gewalt ihrer äusserlichen Feinde sicher waren. Daher wenn ihre Feinde zu einer oder der andern Zeit den Meister über sie spielten, so wurde ihre Herrlichkeit verdunkelt, ihre Opfer unterbrochen, und die ganze Gestalt ihres Gottesdienstes verdorben. Darum beklagen, betrauern und beweinen sie die Zerstörung ihres Tempels, als einen unwiederbringlichen Verlust. Aber Jesus Christus, der Urheber und Stifter des neuen Bundes, bezeugt, daß Gott der Herr weder an diesem noch an jenem Ort, sondern im Geist und Wahrheit anzubeten sei1. Und gleichwie sein Reich nicht von dieser Welt ist; deshalb besteht auch sein Gottesdienst nicht darinnen, noch braucht er die Weisheit, Ehre, Kostbarkeit und Herrlichkeit dieser Welt, hat auch nicht nötig, durch irdische Pracht geschmückt und ausgeziert, oder durch weltliche Macht und fleischlichen Arm unterstützt, erhalten und geschützt zu werden: Sondern wird von denen, die geistlich gesinnt sind, aller Widerstand, Gewalttätigkeit und Bosheit der Menschen ungeachtet, getrost fortgesetzt. Denn du derselbe nur bloß geistlich ist, so kann ihn der fleischliche Arm des natürlichen Menschen nicht erreichen, oder ihm dergestalt beikommen, daß er dessen Andacht stören und hindern könnte. Gleichwie Jesus Christus, der Urheber desselben, sein geistliches Reich besass und innen hatte, da er von den Menschen unterdrückt, verfolgt und verworfen wurde2: Und gleichwie er, der Wut und Bosheit aller Teufel zum Troz, Fürstentüme und Gewaltigen ausgezogen, und sie Schau getragen öffentlich, und einen Triumph aus ihnen gemacht, und durch den Tod die Macht genommen dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist dem Teufel;3 deshalb können ihn auch alle seine Nachfolger, nicht nur ohne die geringste Beschirmung des fleischlichen Arms, sondern auch mitten unter der Verfolgung und Bedruckung, fröhlich anbeten und verehren. Denn weil ihr Gottesdienst geistlich ist, so wird er auch durch die Kraft des Geistes verteidigt und erhalten. Solche Gottesdienste hingegen, die fleischlich sind, und in fleischlichen und äußerlichen Zeremonien, Gebräuchen und Beobachtungen, bestehen, bedürfen eines fleischlichen und äußerlichen Arms zu ihrer Beschirmung und Verteidigung, sonst können sie nicht aushalten und vor sich geben. Und deshalb sieht man, daß die verschiedenen Gottesdienste unserer Widersacher, so wohl der Katholiken als Protestanten, von dieser Art sind, und nicht zur wahren geistlichen Verehrung des neuen Bundes und zur Kirche Christi gehören: Weil solche, wie bereits erwähnt worden, ohne der Beschirmung und Unterstützung der weltlichen Obrigkeit nicht bestehen, noch auch bei Ereignung des geringsten Widerstandes vollzogen werden können. Denn sie stehen nicht in der Geduld des sanftmütigen Jesu, daß sie ihm unter dem Leiden, unter Schmach, Schande und Lästerung dienen und anhangen sollten. Und daher sind alle diejenigen Kriege, Schlachten und Blutvergiessen unter den Christen entsprungen. Weil sich ein jeder Teil seinen eigenen Weg und Gottesdienst durch den Arm des Fleisches zu verteidigen und zu schützen bemüht hat. Ja daher ist auch die ungeheure Höllengeburt der Verfolgung entstanden, davon hernach mit mehrerm.


  1. Johannes 18,36 “Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht überliefert würde, jetzt aber ist mein Reich nicht von hier.” ↩︎

  2. Kolosser 2,15 “[..] er hat die Gewalten und die Mächte völlig entwaffnet und sie öffentlich zur Schau gestellt. In ihm hat er den Triumph über sie gehalten.” ↩︎

  3. Hebräer 2:14+15 “Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hatte er gleichermaßen daran Anteil, auf dass er durch den Tod die Macht nähme dem, der Gewalt über den Tod hatte, nämlich dem Teufel, 15 und die erlöste, die durch Furcht vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein mussten.” ↩︎