Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

11.12 - Der Teufel hat keine Macht in der Andacht

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Zweitens erhellt die Vortrefflichkeit dies stillen Harrens auf Gott auch daraus, daß es dem Feind, nämlich dem Teufel, unmöglich ist, solches nachzuäffen; deshalb, daß, in der Ausübung desselben, eine Seele; von ihm könne getäuscht und betört werden. Nun kann er sich in allen andern Dingen mit dem natürlichen Gemüt des Menschen vermischen, und, durch Verstellung seines Wesens, die Seele berücken, indem er sie mit Sachen beschäftigt, die vielleicht an sich selbst gut sind, und sie dennoch mittlerweile abhält, das reine Licht Christi zu betrachten, und deshalb ihre Pflicht recht eigentlich zu erkennen und zu vollziehen. Denn dieser neidische Geist, der dem Mensch seine ewige Glückseligkeit missgönnt, weiß wohl, wie er es anfangen, und seine Fallstricke legen und einrichten soll, daß sich die verschiedenen Leidenschaften und Neigungen der Menschen dadurch blenden lassen. Wenn er einen nicht geschickt befindet, mit groben Sünden und weltlichen Lüften verstrickt zu werden, sondern sieht, daß er vielmehr davon abgewandt, und gottselig geneigt ist, so kann er sich bald darein schicken, einen solchen zu betrügen, indem er seine Gedanken und Einbildungen auf geistliche Dinge fallen lässt, und ihn deshalb antreibt, in seinem eigenen Willen zu wirken, zu denken und zu dichten. Denn er weiß wohl, daß, so lange die Eigenheit herrscht, und der Geist Gottes nicht der gewichtigste und hauptsächlichste Regent ist, der Mensch noch nicht so weit aus seinem Bezirk hinaus sei, daß er ihm nicht beikommen könnte. Demnach kann er den Priester zum Altar, den Prediger auf die Kanzel, den Andächtigen zu seinem Gebet, ja, den Doctor und Professor Theologiæ auf seinen Katheder und seine Studierglaube begleiten. Daselbst kann er ihn unter seinen Büchern fleißig arbeiten und geschäftig herumstören lassen, ja, ihm behilflich, sein, subtile Distinctiones und Quidditates (das ist, spitzfindige Unterscheidungen und Lehrweisheiten) zu erfinden, wodurch er sowohl selbst in seinem eigenen Gemüte, als andere durch ihn, abgehalten werden mögen, auf das göttliche Licht im Gewissen Acht zu haben und auf den Herrn zu harren. Es ist keine geistliche Uebung und Pflicht zu finden, in welche er sich nicht eindringen und einen Hauptplatz innen haben kan; und zwar auf eine so verschmitzte Weise, daß es die Seele vielmals nicht gewahr wird, ausgenommen in dieser einzigen. Denn er kann nur in dem und durch den natürlichen Menschen und dessen Möglichkeiten, Gaben und Gemütskräfte wirken, indem er auf eine verborgene Weise an seinen Einbildungen und Begierden arbeitet. Und deshalb, wenn er (nämlich der natürliche Mensch) stille ist, so muß derselbe auch Stand halten. Deshalb, wenn die Seele zu diesem Stillschweigen gelangt, und gleichsam, was ihr eigenes Wirken betrifft, zu einem nichts gebracht worden, alsdenn ist der Teufel ausgeschlossen. Denn die reine Gegenwart Gottes und den Glanz feines Lichts kann dieser unreine und finstere Geist nicht vertragen. So lange ein Mensch von sich selbst denkt, dichtet und sinnt, kann er nicht versichert sein, daß ihm der Teufel dabei nicht etwas einbläst; alleine, wenn er zu einer gänzlichen Stille gelangt, da das reine Licht Gottes über ihn aufgeht und scheint, alsdenn ist er gewiss, daß der Freund aller Unruhe ausgeschlossen sei. Denn weiter als über die Einbildungs-Kraft scheint sich sein boshafter Einfluss nicht zu erstrecken; welches wir durch empfindliche Erfahrung öfters innen werden und deshalb befinden. Adermassen derjenige, von welchem schon in uralten Zeiten gesagt wird, daß, da die Kinder Gottes Hiob 1,6.1 zusammen gekommen, und vor den Herren getreten, er auch unter ihnen gekommen sei, unterlässt nicht auch unsere Versammlungen zu besuchen. Wie er sich denn gar wohl in eine Zusammenkunft, die nur den Worten nach stille ist, einschleichen und sein Wesen und Wirken darinnen haben kann; indem er entweder die Gemüter mit mancherlei Gedanken und Einbildungen in der Zerstreuung erhält, oder solche ganz dumpf und gefühllos macht, daß er sie mit einem Geist der Schwermut, Trägheit und Schlafsucht überwältigt. Wenn wir aber von allem ausgegangen, und in uns selbst eingekehrt sind, so, daß wir uns nicht nur eines Teils beides fleißig und wachsam, stille und eingezogen verhalten, und uns von allen unsern Gedanken abkehren, so befinden wir, daß, so lange wir an diesem sichern Ort auf unserer Hut stehen, seine Pfeile unsern Zeug Israels nicht erreichen können. Ja, es pflegt die Allmacht und Herrlichkeit Gottes vielmals, wie die belle Sonne durch trübe Wolken und den dicksten Nebel, zu schleuniger Vertreibung solcher Macht der Finsternis, hervor zu brechen und zu erscheinen. Welche auch gar empfindlich, gefühlt wird. Massen sie das Gemüt zu verdunkeln, und von seinem Vorhaben, lauterlich auf Gott zu harren, abzuhalten versucht.


  1. “Und es geschah eines Tages, da kamen die Söhne Gottes, um sich vor dem HERRN einzufinden. Und auch der Satan kam in ihrer Mitte.” ↩︎