Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

11.11 Stilles Harren ist die Voraussetzung für alles andere

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Denn es gibt zweierlei widrige Machten, Kräfte oder Geister, nämlich die Macht und der Geist dieser Welt, worin der Fürst der Finsternis herrscht, und zwar über so viele, als davon getrieben werden, und darinnen wirken; und hernach die Macht, Kraft oder Geist Gottes, in welcher Gott wirkt und regiert, über so viele, als darinnen und daraus wirken. Worin demnach die Dinge, daran ein Mensch denkt, und darinnen er sich übt, immer mehr bestehen mögen, und wenn sie ihrer Natur und Gestalt nach, noch so geistlich, und gottselig sind, so lange als er in dem natürlichen und verderbten Geist und Willen arbeitet, und sich bewegt, und nicht in der Kraft Gottes, und durch die Kraft Gottes, so sündigt er in allen, und wird nicht von Gott angenommen.1 Daher ist beides das Pflügen und Beten des Gottlosen Sünde. Also auch was ein Mensch in und aus dem Geist und Kraft Gottes tut, und wirkt, da sein Verstand und Willen dadurch erleuchtet und bewegt wird, es mögen geistliche, bürgerliche oder auch nur natürliche Handlungen sein, so ist er in den Augen Gottes damit angenehm, und darinnen gesegnet.2 Aus besagtem erhellt, wie nichtig und ungereimt derjenigen ihr Einwurfist, die da sagen, daß sie in dem Predigen und Beten auf den Herrn harren. Da doch das Harren an sich selbst vielmehr eine sich leidend verhaltende Gelassenheit oder Zuversicht, als eine Handlung bedeutet. Und da bereits gezeigt worden, und noch weiter gezeigt werden soll, daß das Predigen und Beten, ohne den Geist, eine Beleidigung Gottes ist, weil man nicht auf ihn harrt; und das Predigen und Beten, durch den Geist, notwendig ein stilles Harren voraus setzt, um die dazu leitenden Bewegungen und Einflüsse des Geistes zu fühlen; und da letztens an verschiedenen von denjenigen Orten, wo das Beten befohlen wird, als

  • Matthäus 26,413
  • Markus 13,334
  • Lukas 21,365
  • 1.Petrus 4,76

Das Wachen, als eine vorhergehende Bereitung dazu, auf eine ganz besondere Weise vorher gefastet wird: Also schließen wir billig und mit Gewissheit, daß, weil das Harren und Wachen so besonders geboten und angepriesen worden, und auf keine wahre Weise, als in diesem innerlichen Schweigen des Gemüts, mit Ausschliessung des Menschen eigenen Gedanken und Einbildungen, vollzogen werden kann; dieses Stillschweigen notwendig ein besonders und vornehmes Hauptstück des Gottesdiensts sein muß.


  1. Sprüche 21,4: “Stolz der Augen und Hochmut des Herzens – die Leuchte der Gottlosen ist Sünde.” ↩︎

  2. Jakobus 1,25: “Wer aber in das vollkommene Gesetz der Freiheit hineingeschaut hat und dabei geblieben ist, indem er nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter des Werkes ist, der wird in seinem Tun glückselig sein.” ↩︎

  3. “Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt! Der Geist zwar ist willig, das Fleisch aber schwach.” ↩︎

  4. “Seht zu, wacht! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit ist.” ↩︎

  5. “Wacht nun und betet zu aller Zeit, dass ihr imstande seid, diesem allem, was geschehen soll, zu entfliehen und vor dem Sohn des Menschen zu stehen!” ↩︎

  6. “Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet!” ↩︎