Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

10.21

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Der dritte und vornel)msie Teil ihrer 111. Die

                                                                        gelehrte

Gelehrsamkeit ist die Theologia Scholastica oder Schulgelabrheit, eine Mißgeburt, die aus einigen Theologie Schrift:Begriffen der Wahrheit, und den beid:

ist schada

lich, eine nischen Kunstwörtern und Grund-Regeln zusams Mißgeburt men gelegt, und gleichsam die beidnische Welt: buchstäblis Weisheit in eine Christliche Trachr eingekleidet, senschaft, oder vielmehr die buchstäbliche äußerliche Erkennts bie hendniß Christi in einer beidnischen Lehr-Uèt ist. Es macht ik. ist der Mensch, in seinem ersten gefallenen, natúrtis chen Zustand, mit seiner teufelischen Weisheit, der sich mit einigen Begriffen der Wahrheit selbst wobls gefällt, und solche mit seiner eigenen weltlichen argen Schlangen-Klugheit ausschmücket; weil die Einfalt der Wahrheit ihm eine viel zu geringe und schlechte Sache zu sein dünket. Und daber verachtet er solche Einfalt, wo immer sie auch gefunden wird, auf daß er mit dieser seiner Mißgeburt, die ihn aufbichet, groß tun und sich brästen könne. Es ist der Teufel, der die Erkenntnis Gottes mit seiner sinnlichen und ficischlichen Weisheit verdunkelt, verhúllet und schwer mas chet, damit er deshalb die Herzen der Einfältigen desto sicherer berücken, und die Wahrheit, wie sie an sich Fethit ist, durch tausenderley spikfindige und unnúße Fragen, und unendliche Gezänke und Streitigkeiten, verá chtlich, fremd und unverständlich machen möge. Durd) welche Spißfindigkeiten alle miteinander eis ner, der sie noch so vollkommen verftebet, nicht um ein Fff 2

Haar

Haar breit weniger ein Knecht der Sünden wird, als er vorher gewesen ist; sondern er wird noch zehen mal schlimmer dadurch; weil er seiner Ungerechtigkeit hals ber noch dazu stolz und aufgeblafen, und deshalbdesto weiter davon entfernt ist, die Wahrheit so, wie sie in ihrer eigenen nackenden Einfalt erscheint, anzuncha men, zu verstehen oder zu lernen. Dieweil er sich, in seiner eigenen Einbildung, voll, gelehrt, reich und weise dúnEen läffet. Solchergestalt bringen diejenis gen, so in dieser Kunst am erfahrensten sind, ihre edle und köstliche Zeit mit den unendlichen und unzehlichen Fragen zu, die sie darinnen erdichtet und erfunden has ben. Ein gewisser gelehrter Mann, und zwar von der Rðinischen Kirche, nennte sie eine zweifache Wiss senschaft, aus dem Geschlecht der Centaurorum (die halb Mensch und halb Pferð sind) so aus der Parisischen Sorbonne hervor gekommen, und teils aus biblischen Sprüchen, teils aus philos sophischen Vernunfts:Schlüssen, zusammen ges blasen und unter einander gemischet sei. Sie gestehen selbst, daß tausend solche Fragen, die sie aufs werfen, keineswegs zur Seligkeit nötig sind; und deren giebt es noch eine viel grössere :Denge, über die

sie sich niemals vergleichen können, sondern sie beissen Sind un- sich noch beständig deswegen herum, und diese Zankes nüße Fras reisen werden auch fchwerlich ein Ende nehmen. Die unendliche vielen großen Werke, die deswegen geschrieben wors 8ảnfe:

den, kann einer, und wenn er auch noch so alt würde, seine ganze Lebenszeit kaum durchlesen; und wenn er sie auch alle gelesen hat, so be steht der ganze Vors teil, den er daraus schöpfet, darinnen, daß er sich noch großere Unruhe und Bekümmerniß des Geistes zuges zogen, als er vorher. gebabt hat. Dieses sind ganz gewiss die ohne Erkenntnis gebäuften Worte, durch welche der Rat verfinstert worden. Hiob 38,2. Bei allem diesem Zeug legen sie die Sdırift

regen.

zum Grunde; und wegen des wahren Verstandes ders Felben entstehen eben ihre weitläuftige Streitigkeiten, davon sie große Búdyer voll fchmieren. Allein, ein Mensch, von einem guten aufrichrigen Herzen, kann in einer halben Stunde mehr lernen, und dessen gewisser sein, wenn er auf Gott und dessen Geist in seinem Hers zen harrt, als wenn er tausend solche Folianten von ihren Büchern lieset. Weiche, indem er seinen Kopf mit mancherlevy unnötigen Grillen anfüllet, zwar seis nen Glauben wohl wankend machen, denselben aber nimmermehr befestigen mögen. Ja, diejenigen, die sich am meisten darauf legen, sind am allergeschicktes sien, in Srrthum zu fallen. Wie aus dem Beispiel des Origenis erhellt, welcher mit seiner Gelehrsama keit einer von den ersten war, die darauf fielen, die Schrift auf diese Art auszulegen, so viele Bücher schriebe, und in dieselben so viele Jrrthümer hinein ferte, daß die Kirche dadurch gar febr verunruhiget wurde. So fiel auch Arius, durch Verleitung dies Wodurch fer Neugierigkeit und menschlidyen Grübelei), wobei

Irrtuni er die Einfalt des Evangelium verachtete, in seinen Jrrs und Spalthum, welcher die Ursache derjenigen erschrecklichen tung gerie

the? Keßerey war, die in der Kirche so viele Verwirrung anrichtete. Meines Bedünkens sollte die Einfáltigkeit, Deutlichkeit und Kürze der heiligen Schrift selbst eine sattsame Bestrafung einer solchen Wissenschaft sein; und da die Apostel ehrliche, aufrichtige, schlechte und gerechte, ungelehrte Leute gewesen, so kann sie auch jetzt noch von dergleidsen Leuren besser verstanden wers den, als mit dem ganzen Sack der scholastischen Schulfüchserey, woran weder Petrus, noch Paulus, noch Johannes jemals gedacht haben.