Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

10.5

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Rohdaten: Text wurde noch nicht gesichtet und korreliert.

Aber im Gegenteil dessen hat der Scufel, Antichris welcher jederzeit in dem Gelyeimniß der Hofheit ges

mürket hat, und noch wirkt, seine Nachfolger zu bes dem Abfall haupten gelehrt, daß niemand, er sei auch noch

ro heilig, ohne die äußerliche Bekenntniß, ein

Glied der Kirche Christi sein könne, und wo er kenntnis.

nicht durch einige áusjerliche Zeremonien dersels ben einverleibt worden. Und wiederum, daß Leute, welche diese äußerliche Bekenntniß haben, ob sie schon innerlich unheilig sind, dennoch Glies der der wahren Kirche Christi sein mögen, ja dars vor zu halten waren. Dieses heißt offenbar Lidig vor Finsternis, und Finsternis vor Licht ausgeben. Gleich als ob Gott mehr auf die Worte als Wers ke räbe, und einen grössern Wohlgefallen an eitler Bes kenntniß, als an wirklicher Heiligkeit hátte: Allein dieses Heuchel-Wesen habe ich schon vorber sattsam

widerlegt,

Die Slie: der der

frischen

re! He:

widerlegt. Nur dieses lasset uns noch dabei merken, daß auf diesen falschen und “Faulen Grund der Wider’s Christ sein Babylonisdes Gebäude aufgeführet, wos durch die Antichristische Kirche zu demjenigen Pracht und Herrlichkeit, zu welchem sie gelangt, gestiegenist; und zwar dergestalt, daß sie sich über alles erhebt, was Gott heisst, und in dem Tempel Gottes fißet, als Gott.

Denn die besondern Gemeinen Christi, so zu der Der Vers Apostel Zeiten versammelt worden, fingen bald her: Kirche. nach an, dem innerlichen Leben nach, aus der Art zu schlagen, und in Verfall zu gerathen. Der gute Saas me der reinen Lehre wurde mit dem Unkraut allerhand fchädlicher Frrthümer überzogen, und die Herren des rer, die sich zum Christentum bekannten, mit dem als ten Sauerteig des Welt-Geistes und irdisch-gesinnten Wifens angestecket. Jedoc) geficl es Gött, solches Leben etlidie hundert Jahre hindurch in vielen zu erhals ten, welche er mit Eifer ausrüstete, um seines Nas mens millen, in den zehen Verfolgungenstandhaft zu leiden und auszuhalten. Als aber diese vorüber was Als die ren, fieng sich die Sanftmüthigkeit, Freundlichkeit, men

Menschen Liebe, Gedult, Langmuth, Gütigkeit und Mäßigung Geburt des Christentums an zu verliehren. Denn nachdem Christen die Fürsten der Erden solche Bekenntniß auf sich nah- und nicht men, und die Schmach, ein Christ zu sein, aufhörte, durch die sondern dus Christentum vielmehr ein Mittel wurde, rung, gieng allerhand weltliche Vorzüge zu erlangen; so wurden das Chris

stenthum die Menschen durch die Geburt und Auferziehung, und

verloren. nicht durch die Bekehrung und Erneuerung des Geistes zu Clyristen. Und alsdenn war keiner so eitel, keiner so boßbaft, keiner so ruchloß, der nicht ein Glied der Rirs che wurde. Und da deshalb die Lehrer und Sirtenders felben den Fürsten an die Seite zu sißen kamen, und durch deren Wohlgewogenheit und Freygebigkeit mit Reichthum überhaufet wurden, und große Schize

und Güter erlangten, wurden sie aufgeblasen, und von dem eitlen Pracht und Herrlichkeit dieser Welt gleichs sam trunken gemadiet. Worauf sie sich in mancherley Orden und Stafsein cinteilten, und zwar nicht ohne unzebliche Streitigkeiten und Zünfereyen, wer den Vorzug (*) haben sollte. Also wurde die Kraft, das Leber:, das Wesen und der Kern der Christlichen Res ligion verloren, daß nichts als der Sdjatten, und Stein, oder das Bild davon übrig bliebe; welches todte Bildniß oder Gerippe des Christentums (Damit es bei der abergläubifchen Menge der Heiden, die sich nunmehr, nicht zwar durch innerliche Bekehrung ihres Herzens, oder durch Ablegung ihrer Bofheit und Abs gótterey, sondern wur durch eine geringe Veränderung in dem Gegenstand ihres Aberglaubens, häufig damit vermenget, desto bessern Eingang finden möchte,) da es die innerliche Zierde und das Leben des Geistes nicht hatte, mit vielen äußerlichen und sichtbaren Orden ans gefüllet, und mit dem Gold, Silber, Edelsteinen und andern funkelnden Zierrathen dieser vergänglichen Wett fchön und prachtig ausgesdymückt wurde. So daß dieses, ungeachtet der äußerlichen Bekenntniß, so we nig vor die Christliche Religion und Christliche Kirche zu halten, als der todte Rörper für einen lebendis gen Menschen; welcher, ob er schon noch so kimstlich, mit tausenderley köstlichen und wohlriechenden Sale ben einbalsamiret, und mit noch so viel Gold, Silber und Edelgesteinen gezieret wird, dennoch allezeit ein

todter Leichnam ohne Empfindung, Leben und Bewer In der Ró, gung bleibt. Denn die abtrünnige Kirche zu Rom mit dhe ind hat nicht weniger Zeremonien und abergläubische Geo nicht viel brauche in die Christliche Bekenntniß eingeführet, weniger

als kaum unter den Júden oder seiden anzutreffen aberglaus

gewesen;

(*) Wie zwischen dem Bischof zu Rom und dem Bischof ju Constantinopel gescbabe.

ein Unters

gewesen; und daß fast eben so viel, ja noch weit mehr bische Ceres Hochmutly, Geiß, unreine Lust, Schwelgerer), Hus eingefüh: rerey, Ruchlosigkeit und Atheisterei, unter ihren Lebstet, als entrern und gewichtigsten Bischöfen im Schwange ges ter den Jür gangen, und noch im Sdiwange gebet; als jemals den oder unter einigem Volk in der Welt zu sehen gewesen, Heeschen wird kein Mensch in Zweifel ziehen, der ihre eigene waren. Scribenten und zwar besonders Plarinam, und ans Dere gelesen hat.

Ob nun schon die Protestanten in den gröbsten Ob zwis Punkten und ungereimtesten Lehren, so die Kirche und Schen den deren Diener betreffen bei der Reformation von ihr tischen und abgegangen sind; so haben sie doch (welches hódhlich

Papifti:

fchen abers zu bedauren,) nur die groben Aeste abgehauen, behal- glauben ten aber und streiten ernstlich vor eben dieselbe Wurs

scheid sei, zel, aus welcher diese Missbrauche entsprungen sind. und worino Dergestalt, daß auch unter ihnen, ob schon nicht der nen folder ganze Klumpen aller derer aberglaubischen Gebrauche, Zeremonien und Orden wieder bestätigt und einges führet ist; dennocy cben derselbe Hochmuth, eben ders relbe Geiß, und eben dasselbe fleisdlichsgesinnte Wes fen ihre Kirchen und deren Diener eingenommen und Durchfäuert hat, daß das Leben, die Kraft und Tus gend der wahren Religion unter ihnen verloren ges gangen, und eben dasselbe todte Wesen, eben dieselbe Unfruchtbarkeit, Durre und Ledigkeit bei ihrem Kirs dhen-Dienst gefunden wird. So daß sie in der Tat von den Katholiken nur in der äußerlichen Verfassung und in einigen Zeremonien untersdieden, im übrigen aber mit denenselben von dem Leben und der Kraft, worin die erste wahre Kircbe und ihre Sirten frunden, abgefallen sind: Daß man demnach von bei, den, ohne Beleidigung der Christlichen Liebe, wohl sagen mag, sie haben nur den Schein der Gottfés ligkeit, (und viele darunter auch nicht einmal diesen) aber deren Kraft verleugnen sie, ja, sind noch dars 3 / 2

zu

Wie die Protestan:

der der

zu Feinde derselben. Und dieses rührt nicht bloß das ber, daß sie ihren eigenen GrundsSäßen nicht gemaß wandeln und davon abgeben, (welches zwar auch wahr ist) sondern weil sie (welches noch schlimmer ist) ges wisse Grund-Sáße abgefasset und feit darüber halten, welche, als eine verfluchte Wurzel, diese bitteren Früchte natürlicher Weise hervor bringen. Diese Lehs ren sollen hernach untersucht und widcrleget werden, wenn die Gegensate, so der Wahrheit gemäß, bei unserm Satz zu erórtern und zu beweisen vorkommen.

Denn was die Beschaffenheit und Verfassung einer (National) Kirche (wenn man sie ohne ihre Štreis tischenStir: chen Glie: tigkeiten wegen der beständigen Sichtbarkeit, Unfehla

barkeit und des Vorzugs der Römischen Kirche bes päbstl.wers den.

trachtet) anlangt, sind die Protestanten, gleichwie im Leben und Wandel, deshalb auch in der Lehre, von den Katholiken nicht unterschieden. Denn sie schließen ganze Völker in den Bezirk ihrer Kirche ein, machen ihre Kinder zu Gliedern derselben, sobald sie solche mit ein wenig Wasser besprengen; deshalb, daß keiner so citel und ruchloß ist, der nicht für ein Mitglied paßiret : Massen kein Beweis der Heiligkeit erfordert wird, eis nen zum Blied der Kirchen zu machen. lind man sehe sich durchy die Protestantischen Länder um, so wird man insgemein im Leben und Wandel bei einem kcis nen Unterscheid, fär dem andern finden; sondern{der, so in den Kindern des Unglaubens herrsihet, hat

sein Werk in beiden. Daß demnach die ReformaDas Chris tion oder Reinigung der Kirche, dieser Mangelhasobe steht

tigkeit halber, nur in Hegung einiger, dem Begrif pornämlich nach, nicht so gar grober Frrthümer; keineswegs aber in Erneue in Reinigung, Veränderung, Verbesserung und Seriens. Erneuerung des Herzens, als dem Hauptgrund

des Lebens und Wejenis der Christlichen Religion, be steht.