Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

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Diese Lehre von der allgemeinen Erlösung, oder dat Christus für alle Menschen gestorben, ist wegen des ausdrücklichen Zeugnisses der Schrift an sich selbst so klar, daß kaum ein anderer Artikel des Christlichen Glaubens so oft, so deutlich und so nachdrücklich behauptet ist. Sie ist dasjenige, um dessent willen die Predigt von Christo mit Wahrheit das Evangelium, oder die Ankündigung einer frälichen Bottschaft an alle, genennt wird. Also verkündiget der Engel die Geburt und Ankunft Christi denen Hirten, Luc. 2,11. Siehe, ich verkundige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Er spricht nicht, die etlichen wenigen widerfahren wird. Wenn nun diese Ankunft Christi nicht allen eine Möglichkeit, selig zu werden, mitgebracht hätte, so würde sie vielinchr dem meisten Volk eine Verkündigung großes Elends gewesen sein. So hätten auch die himmlisden Heerscharen nicht Ursache gehabt, anzustimmen, Friede auf Erden und den tizenschen ein Wohlgefallen, wenn der größte Teil des menschlichen Geschlechts unumgänglich von dem daher zu erwartenden Nutzen ausgeschlossen gewesen wäre. Wie’ bätte Christus seine Jünger senden können, das Evangelium aller Creatur zu predigen, Marc. 15,16. (ein sehr viel in sich begreifender und sich sehr weit erstreckender Befehr!) aller Creatur. Das ist, einem jeden Sohn und einer jeden Tochter des menschlichen Geschlechts, ohne alle Ausnahme. Er befiehlet ihnen, die Ścligkeit, Buse und Vergebung der Sünden allen zu predigen, alle Menschen zu ermahnen, und alle Menschen zu lehren, wie Paulus getan hat, Col. 1,28. Wie hätten sie nun das Evangelium allen Menschen, wie wahren Dienern Christi zukommt, mit rechter Zuversicht predigen können, wenn nicht allen möglich gewesen wäre, durch solches Evangelium die Seligkeit zu erlangen.

Wenn sie nun einer darunter gefragt hatte, oder noch jetzt cinen von diesen Lehrern, welche die Algemeinbeit des Todes Christi leugnen und doch solchen allen und jeden ohne Unterscheid vorpredigen, fragen folte: Ist Christus für mich gestorben? Die konnen sie mit Zuversicht eine gewisse Antwort auf diese Frage geben? Antworten sie mit einer gewissen Bedingung, wie sie sich ihres Grundsatzes wegen zu tun genötiget finden, und sprechen: Wenn du dich bekehrest und Buse thust, so ist Christus für dich gestorben; kommt alsdenn nicht eben dieselbe Frage wieder für: Ist Christus für mich gestorben, so, daß er meine Bekehrung möglich gemacht hat? Hierauf können sie nichts antworten, wenn sie nicht in einem Zirkel herum laufen, und immer wieder anfangen wollen, wo sie es das lekte mal gelassen haben. Da hingegen die Fúse derer, welche die fröhliche Bottschaft des Evangelium des Friedens bringen, schöne genennt werden. Nämlich darum, daß sie die allgemeine Seligkeit, und allen Bufe und Vergebung der Sünden predigen, und allen, durch Jesus Christus, der sich selbst zu einer Erlösung für alle gegeben, eine Tür der Gnade und Sjofnung crófnen. Das Evangelium ladet alle ein. Und es ist gewisslicy Christi Absehen nicht gewesen,den größten Teil des menschlichen Geschlechts zu teusden und zu betrügen, wenn er es einlädt und reciyt liebreich ausrufet: Kommer her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Wann ihn denn nun alle fuchen, und die Seligkeit durch ihn hoffen sollen, so muß er ihnen die Seligkeit notwendig möglich, und zwar möglich für alle, gemacht haben. Denn wer ist verbunden, dasjenige zu suchen, was unmöglich ist? Gewiß, es hiesse der Menschen nur spotten, wenn man sie dieses wolte tun heissen. Und solche, die da leugnen, daß durch den Tod Christi die Seligkeit

allen Menschen möglich gemacht worden, die stellen Gott recht Gotteslästerlich, als einen solchen Gott vor, der der Menschen nur spotte, da er seinen Knechten Befehl gegeben, das Evangelium der Seligkeit allen zu predigen, und doch bereits vorher beschlossen gehabt, daß es ihnen nicht möglich sein soll, solches anzunehmen. Spiesse dieses nicht den Heiland zu einem Herrn machen, der seinen Dienern, bei ihrer Aussendung, die Lüge in den Mund geleget, (welches man sich ohne Gotteslästerung auch nicht einmal darf in die Gedanken kommen lassen, da er ihnen befohlen, jedermanden Glauben vorzuhalten, daß sie allen und jedweden einladen folten, zu glauben, daß Christus für sie gestorben sety, und ihnen Leben und Seligkeit erworben habe. Da sich doch der vorgedachten Lehre nach, die Sadie ganz anders verhielte. Dieweil aber Christus, nachdem er von den Todten auferstanden war, und das Werkder Erlösung vollendet hatte, seinen Aposteln Befeht erteilt, Busse und Vergebung der Sünden, ja, seil und Seligkeit allen zu predigen, so ist es flat und offenbar, daß er für alle gestorben sei. Denn derjenige, der seinen Knechten befohlen hat, dieses deshalb zu predigen, ist ein Gott der Wahrheit, und kein Verspotter des menschlichen Geschlechts. So erfordert er auch von keinem Menschen dasjenige, was ihm zu leisten fühlechterdings unmöglich ist. Denn, daß kein Mensch verbunden ist, dasjenige zu tun, was nicht in seinem Vermögen steht, ist ein Grund-Satzder Wahrheit, welcher in eines jedweden Menschen Gemüt eingepräget ist. Und da Gott ein höchsi gerechter und zugleich. barmherziger Gott ist, so kann es ganz und gar nicht mit seiner Gerechtigkeit und Barmherzigkeit bestehen, solchen Menschen, denen er es durch seine Rathschlüsse unmöglich gemacht, zu gebieten, daß sie Buse tun und glauben sollten