6.2
Bearbeitungsstand
zu erst ist sie Gott höchst nachteilig, weil sie ihn zum Urheber der Sünden macht, welches doch seiner Natur am allermeisten zuwider ist. Ich weiß zwar gar wohl, daß diejenigen, so diesen Grundstaz
behaupten, diese Folge leugnen, allein dieses ist nur eine blosje Teuscherei), indem solches ganz ungezwungen und natürlich aus ihrer Lehre folgt, und kommt eben so lächerlich heraus, als wenn einer hartnäckigt leugnen wolte, daß eins und zwei drey macht. Denn wenn Gott beschlossen hat, daß die Verworfenen, ohne alle Betrachtung ihrer bören Werke, sondern einzig und allein nach seinem Wohlgefalleni, verloren gehen sollen, und wenn er es schon lange vorher beschlofssen, ehe sie noch ihr Wefen erlangt gehabt, oder vermögend gewesen, Gutes oder Bifes zu tun, daß sie auf diesen boren Wegen wandeln folten, wodurch sie als durch ein Neben-Mittel zu solchem Ende verleitet werden, so bitte ich, man sage mir, wer der erste Urheber und Ursache desselben anders ist, als Gott, der es so gewolt, und beschlossen hat? Dieses ist eine so ungezwungene Folge, als nur immer eine sein kan. Und obschon manche von den Predigern dieser Lehre allerhand seltsame, erzwungene und fpięfindige Distinctiones, zur Vertheidigung ihrer Menung und Vermeidung dieser erschrecklichen Folge, hervor gesucht haben, sosind dennoch einige der Vornehmsten darunter so deutlid, in dieser Sache gewesen, daß sie solche ausser allen Zweifel gereket haben. Ich will aus vielen Stellen nur etliche wenige anführen.
Ich fage, daß Adam durch Verordnung und Willen Gottes gefallen sei.1 Gott wolte haben, daß der Mensch fallen folte. Der Mensch wird durch den Willen und Befehl Gottes verblendet. Wir schreiben die Ursache unserer Vershärtung Götte zu. Die höchste und entlegenste Ursache der Verstockung ist der Wille Gottes. Es folgt, daß der verborgene Ratschluss Gottes die úrsache der Verstockung sei. Dieses
sind des Calvini Redensarten. (2) Gott hat (spricht Beza) nicht nur zur Verdammnis, sondern auch zu den Ursachen derselben verordnet alle, die er vorher dazu geschickt gesehen hat. (3) Der Ratschluss Gottes kann von den Ursachen des Verderbens nicht ausgeschlossen werden. (4). Es ist gewiss (spricht Zanchius) daß Gott die erste Ursache der Verstockung ist. Die Verworfenen werden unter Gottes allmachtigem Ratschluss so fest gehalten, daß sie nicht anders tun können, als jündigen und umkommen. (5). Es ist (spricht Paræus) die Meinung unserer Lehrer, daß Gott die Versuchung und den Fall des Menschen auf eine unvermeidliche Weise beschlossen hat. Die Creatur fündiger durch das gerechte Gericht Gottes in der Tat notwendiger Weise, unsere Leute behaupten ganz recht, daß der Fall des Menschen zufälliger Weise wegen Gottes Ratschluss notwendig und unvermeidlich gewesen. (6) Gott neiger und zwingt den Willen der Gottlosen zu großen Sünden, (läßt sich Martyr vernehmen.) (7). Und Zwinglius schreibt: Gott beweger den Rauber zum Morden und Todtschlagen. Er begebet den Xord, aber Gott zwingt ihn dazu. Aber du wirst sprechen, so ist er ja gezwungen zu sündigen; ich gebe es zu, daß er wirklich gezwungen ist. (8) Verworfene Personen (spricht Piscaror) sind unumgänglich zu diesem zweifachen Ende verordnet, nämlich, ewige
ewige Verdamınniß auf sich zu nehmen, und notwendiger Weise zu sündigen; und deswegen zu sündigen, auf daß sie mit Recht gestraft werden.
Wenn diese Redensarten nicht klar und deutlich mit sich bringen und zu erkennen geben, daß Gott der Urheber der Sünde say, so müssen wir dieser Leute ihre Meinungen nicht in ihren Worten sondern anders woher suchen. Es scheint als ob sie diesen ungeheuren und doppelten Willen, den sie Gott andichten, selbst angenommen hätten. Und zivar erstens einen, durch welchen sie ihren Sinn öffentlich andeuten, und einen andern geheimern und verborgenern, der dem andern ganz zuwider ist. So hilft es ihnen auch ganz und gar nichts, wenn sie sagen, daß der Mensch mit Willen fündige. Massen solche Willigkeit und Neigung zum Bdsen ihm (ihrem Urteil nach) so unuingänglich aufgeleget wird, daß er nicht anders als geneigt und willig Dazu sein kan, weil GÖtt gewollt und beschlossen hat, daß er so sein soll. Welche Ausflucht eben so heraus kommt, als wenn ich ein kleines Kind, so unvermögend ist, mir zu widerstehen, nehmen, und von einem hohen Ort hinunter stürzen wolte. Da denn freilich die Schrocre von des Kindes Leib an sich selbst verursachet,daß es binunter fält, und die Gewalt des Falles auf einen Felsen oder Stein zerschmettert ihm den fropf,daß es sterben muß. Ob nun schon des Kindes Leib willig hinunter fället, (denn ich setze voraus, daß, was sein Gemüt betrifft,es eines Willens unfähig ist, und die Schwere seines Leibes und kein unmittelbarer Streich meiner Hand, der ich vielleicht in einer weiten Entfernung bin, ihm den Tod verursachet; so frage ich doch, ob das Kind oder ich die eigentliche Ursache seines Todes sev ? Man lasse einen jedweden vernünftigen Menschen urteilen, wenn Gott, (ihrer Meinung nach) wie aus den oben angezugenen Zeugnissen erhellt, eben so großen ja noch grössern und unmittelbaren Teil an Den Sünden der Menschen hat, ob ihn dieses nicht nur
zum Urheber der Sünden, sondern auch noch weit ungerechter als den allerungered testen Menschen macht.
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Calvin. in Cap. 3. Gen. Ld. 1. Inft. c. 18.S. 1. ld. lib. de Prxd. Ldem. lib. de. Provid. Ld. Inft. c. 23. S. i. ↩︎
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Beza lib, de Præd. ↩︎
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Id. de Præd, ad Art. 1. ↩︎
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Zanch de Excæcat. quæst. 5.ld. lib. 5. de nat. Dei cap. 2. de præd. ↩︎
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Parcus lib. 3. de Amist, gratize cap. 2. ibid cap. I. ↩︎
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Martyr in Rom. ↩︎
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Zwinglius lib, de prov, cap. 5. ↩︎
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Resp. ad Vorst, part. I. p. 120. ↩︎