6. Über die Gnade
Bearbeitungsstand
Zusammenfassung
Nach welchem Grundsatz werden alle Einwürfe wider die Allgemeinheit des Todes Christi leichtlich aufgelöst. So hat man auch nicht nötig, seine Zuflucht erst zum Dienst der Engel und derjenigen andern wunderbaren Mittel zu nehmen, deren sich Gott, ihrem Vorgeben nach, zu Offenbarung der Lehre und Geschichte des Leidens Christi bei denen bedienen soll, welche die erste allgemeine Gnade recht gebraucht haben, und an solchen Ortn der Welt leben, wo die äußerliche Predigt des Evangelium unbekannt ist. Denn hieraus folgt, daß, gleichwie einige von den alten Philosophen möchten selig worden sein, deshalb auch noch einige (welche durch die Vorsehung an diese entlegenen Teile der Welt versetzt worden, wo die historische Erkenntnis mangelt,) des göttlichen Geheimnisses teilhaftig gemacht werden können, wenn sie die Gnade annehmen, und derselben nicht widerstehen. In einem jeden zeigen sich die Gaben des Geistes zum gemeinen Nutzen. Wenn nun diese gewisse Lehre angenommen wird, nämlich, daß ein Evangelisches und seligmachendes Licht und Gnade in allen ist, so hat die Allgemeinheit der Liebe und Barmherzigkeit Gottes gegen alle Menschen (fo wohl in dem Tode seines geliebten Sohnes, als in der Offenbarung des Lichts im Herzen) ihre Richtigkeit, und steht wider alle Einwürfe derer, die solche leugnen, fest und unbeweglich 1. Darum hat Christus für alle den Tod geschmeckt. Nicht nur für allerlei Arten der Menschen, wie einige auf eine eitle Weise vorgeben; sondern für einen jeden von allen Arten 2. Die Wohltat seiner Aufopferung erstreckt sich nicht nur über solche, denen die äußerliche Geschichte seines Todes und Leidens, wie selbe in der Schrift aufgezeichnet, bekannt ist; sondern auch über diejenigen, welche durch einen unsvermeidlichen Zufall von der Wohltat dieser Wissenschaft notwendiger Weise ausgeschlossen sind. Wir gestehen ganz gerne, daß diese Wissenschaft und Erkenntnis sehr nützlich und heilsam ist, wir sagen nur, daß dieselbe solchen, denen sie Gott der Herr selbst vorenthalten hat, nicht unumgänglich nötig sei. Denn solche können des Geheimnisses seines Todes teilhaftig gemacht werden, (ob sie schon von der Historie nichts wissen,) wenn sie seinem Samen und Licht Raum geben, (ihr Herz zu erleuchten,) in welchem Lichte die Gemeinschaft mit Vater und Sohn genossen wird. So, daß sie aus gottlosen Leuten heilige Leute und Liebhaber derjenigen Gewalt werden, durch deren innerliche und geheime Kührungen sie sich vom Bösen zum Guten bekehrt fühlen, und lernen, andern zu tun, wie sie wollen, daß man ihnen tun solle. Worin, nach Christi selbst eigener Bekräftigung, alles begriffen ist. Gleichwie demnach diejenigen irrig und falsch gelehrt, welche geleugnet haben, daß Christus für alle Menschen gestorben sei. Also haben auch diejenigen die Wahrheit nicht sattsam dargetan, die zwar zugestehen, daß Christus für alle gestorben sei, aber dennoch eine unumgängliche Notwendigkeit der äußerlichen Erkenntnis derselben beigefügt haben, sofern es seine heilsame Wirkungen zur Seligkeit haben sollte. Worin die Remonstranten in Holland vornehmlich gefehlt, nebst vielen andern Verteidigern der allgemeinen Erlösung, daß sie die Erstreckung dieser Seligkeit nicht in dem göttlichen und Evangelischen Grunde des Lichts und Lebens gesetzt haben, womit Christus alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen, welches gar vortrefflich und deutlich in diesen Schriftstellen aufgezeigt wird, als
Bisher haben wir des Menschen gefallenen, verderbten und aus der Art geschlagenen Zustand betrachtet.
Nun ist nötig, daß wir auch untersuchen, wie und durch was für Mittel er von diesem elenden und verderbten Zustand befreit werden möge. Welches in diesen zwei Sätzen aufgezeigt und vor Augen gestellt wird, die ich ihrer Verwandtschaft halber zusammen zu setzen für gut angesehen habe, weilder eine gleichsam eine Erklärung des andern ist.
Was die Lehre, wider welche diese Säge hauptsächlich gerichtet sind, nämlich von der unbedingten Verwerfung, anlangt, so scheuen sich einige nicht zu behaupten,
"daß Gott durch einen ewigen
und unveränderlichen Ratschluss den größten Teil
der Menschen zur ewigen Verdammnis verordnet
babe, ohne darauf zu sehen, wie er sie erschaffen,
und noch vielweniger wie sie gefallen und durch die
Sünde ungehorsam worden sind; Sondern nur
einzig und allein die Herrlichkeit seiner Gerechtigkeit
dadurch zu beweisen. Dieses nun zu bewerkstelligen,
habe er diese armen Seelen dazu verordnet,
notwendiger Weise auf ihren bösen Wegen
zu wandeln, damit sie seine Gerechtigkeit deshalb
ergreifen möge. Daher Gott nicht nur zuließ,
daß sie an vielen Ortn der Welt, durch Entziehung
der Predigt des Evangelium und der Erkenntnis
Christi, diesem Elend unterworfen werden;
sondern auch an denjenigen Ortn, wo das Evangelium
gepredigt, und die Seligkeit durch Christus
angeboten werde. Denn ob er sie schon öffentlich
einlade, so verdamme er sie dennoch ihres
Ungehorsams wegen mit Recht, ungeachtet er ihnen
alle Gnade vorenthalten, wodurch sie das
Evangelium ergreifen mögen; dieweil er nämlich
aus einem verborgenen und allen Menschen unbekannten
Willen und Ratschluss (ohne alle Absicht
auf ihren Ungehorsam oder auf ihre Sünde) verordnet
und beschlossen, daß sie nicht gehorchen, und
die angebotene Gnade des Evangelium ihre Kraft
niemals zu ihrer Seligkeit erweisen, sondern vielmehr
zu Häufung umd Verursachung ihrer desto
grösseren Verdammnis dienen solle"
Was diese erschreckende und Gotteslästerliche Lehre (sage ich) anbetrifft, so haben wir darinnen mit vielen andern gemeine Sache, die solche nach der Schrift, nach der gesunden Vernunft und durch die Zeugnisse der lieben Alten sehr gelehrt und weislich widerlegt haben. Da nun bereits so vieles, auf eine so gründliche Weise, wider diese Lehre vorgebracht worden, daß man kaum noch etwas, so noch nicht gesagt worden, beifügen kan; so will ich mich deswegen desto kürzer fassen. Dieweil sie mir aber gleichsam allhier bei meinem Vorhaben gerade entgegen steht, so kann ich sie auch nicht gänzlich unberührt hingehen lassen.
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1 Kor. 12,7 “Wie auch immer sich der Heilige Geist bei jedem Einzelnen von euch zeigt, seine Gaben sollen der ganzen Gemeinde nützen.” ↩︎
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- Heb. 2,9 “Aber wir sehen, dass Gott seinen Sohn Jesus, der für eine kurze Zeit niedriger war als die Engel, mit Ruhm und Ehre gekrönt hat. Dies war der Lohn für sein Sterben am Kreuz. Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass Jesus für alle den Tod erlitten hat.”
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1.Mose. 6,3. “Da sagte der Herr: »Die Menschen sollen nicht mehr so alt werden, ich werde ihnen meinen Lebensatem nicht mehr für so lange Zeit geben. Denn sie sind schwach und anfällig für das Böse. Ich werde ihre Lebenszeit auf 120 Jahre begrenzen.« " ↩︎
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5.Mose. 30,14. “Im Gegenteil: Gottes Wort ist euch ganz nahe; es ist in eurem Mund und in eurem Herzen. Ihr müsst es nur befolgen!«” ↩︎
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Joh. 1,7.-9. “Sein Auftrag war es, die Menschen auf das Licht hinzuweisen. Alle sollten durch seine Botschaft an den glauben, der das Licht ist. Johannes selbst war nicht das Licht. Er sollte nur ein Zeuge für das kommende Licht sein. Das wahre Licht ist der, der in die Welt gekommen ist, um für alle Menschen das Licht zu bringen.” ↩︎
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Rön. 10,8. “Stattdessen heißt es: »Gottes Wort ist dir ganz nahe; es ist in deinem Mund und in deinem Herzen.« Das ist nämlich das Wort vom Glauben, das wir verkünden.” ↩︎
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Tit. 2,11. “Denn Gottes Gnade ist sichtbar geworden, mit der er alle Menschen retten will.” ↩︎