4.4
Bearbeitungsstand
Aber auf den andern Teil zu kommen, nämlich, daß der böse und verderbte Saanien den kleinen kindern nicht zugerechnet wird, bis sie sich wurklich damit vereinigen. Deßwegen ist am Ende des Satzes selbst eine Ursache aus der Epistel an die Epheser Cap. 2. angeführt worden. Denn dieses sind von Natur Kinder des Zorns, die da wandeln nach dem Fürsten, der in der Luft berrschet, der Geist, der sein Werk hat in den Kindern des Unglaubens. Hier gebieter der Apostel ihren bosen Wandel, und nicht etwas anders, das nicht wirklich ins Werk geseget worden, für die Ursache dessen an, daß sie Kinder des Zorns sind. Und dieses kommt mit dem Innhalt des ganzen Evangelium vollkommen überein, mo kein Mensch jemals wegen der Ungerechtigkeit, die er nicht wirklich ausgeübt hat, weder bedrohet noch gerichtet wird. Zmar will Gott diejenigen, die in ihrer Ungerechtigkeit verharren, und deshalb die Sünden ihrer Väter billigen, heimsuchen, ja, beimsuchen will er die Sünde der Väter an den Kindern.
Ist es demnach nicht etwas Seltsames,daß die Menschen eine an sich selbst so ungereimte, eine so grausame und so wohl der Natur als Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes zuwider laufende Meinung hegen sollten, davon die Schrift doch ganz und gar stille schweigt? Allein es ist offenbar, daß der Mensch diese Meinung aus Selbstliebe erfunden, und daß solche aus der bitteren Wurzel, aus welcher alle Irrtümer entspringen, erwachsen sein. Denn der meiste Teil der Protestanten, die dieser Meinung beipflichten, haben (wie sie sich einbilden,) den unwidertreiblichen Ratschluss Gottes der ewigen Erwählung auf ihrer Seite, sich und ihre Kinder zu beschirmen, daß sie der Seligkeit nicht verfehlen können; daher sie keine Schwierigkeit daraus machen, alle andere, so wohl alt als jung, ohne Barmherzigkeit zur Höllen zu verweisen. Denn da die Selbstliebe (die allezeit geneigt ist, dasjenige zu glauben, was sie gerne wünscht) ihnen mit der Hoffnung schmeichelt, daß sie in diesem Stück auf ihrer Seite versichert sind, so bekümmern sie sich nicht drum, wie es ihren Nachbarn ergeht, die doch bei diesen unüberwindlichen Schwierigkeiten den größten Teil ausmachen. Wiederum bedienen sich die Katholiken dieser Meinung als eines Kunstgrifs, die Hochachtung ihrer Kirche und die Ehrerbietigkeit gegen ihre Sakramente zu vermehren. Angesehen sie vorgeben, es werde durch die Taufe abgewaschen. Nur darinnen scheinen sie ein wenig barmherziger zu sein, daß sie die armen ungetauften Kinder nicht zur Höllen senden, sondern ihnen nur einen gewissen Limbum1 anweisen, davon die Schrift so wenig Erwähnung tut, als von dem andern. So ist denn dieses nicht nur in der Schrift nicht bewährt, sondern auch noch dazu dem ausdrücklichen Innhalt derselben entgegen. Der Apostel sagt Röm.4,15. Deutlich: Wo kein Gesetz ist, da ist auch keine Übertretung. Und wiederum Kap. 5, v. 13. Wo kein Gesetz ist, da achtet man der Sünde nicht, (oder, aber die Sünde wird nicht zugerechnet, wo kein Gesetz ist.) Es kann gewiss nichts Nachdrücklicheres gesagt werden, als was in diesem Zeugnis enthalten ist. Denn den Kindern ist kein Gesetz gegeben, weil sie als solche, dessen ganz und gar unfähig sind. Das Gesetz fan niemand angehen, als nur solche, die gewisser maßen in einem höheren oder geringeren Grad, den Gebrauch und Uebung ihres Verstandes haben, welchen die Kinder nicht haben. Daß ich deshalb hieraus diesen Schluss ziehe: Die Sünde wird keinem zugerechnet, wo kein Gesetz ist.
Nun ist aber bei den Kindern kein Gesetz;
Deshalb wird ihnen auch die Sünde nicht zugerechnet.
Der Grundsatz besteht in des Apostels eigenen Worten. Den andern oder den Nachsak beweise ich deshalb:
Diejenigen, die sich unter einer physicalischen oder natürlichen Unmöglichkeit befinden, ein Gesetz entweder zu hören, zu wissen, oder zu verstehen, wo die Unmöglichkeit ihnen nicht durch ihre eigene Schuld zugezogen, sondern nach der von Gott bestimmten Ordnung der Natur selbst verursacht wird; solche haben kein Gefetz.
Nun sind aber die Kinder unter dieser physicalisden oder natürlichen Unmöglichkeit:
Derobalben etc.
Vors andere, was kann ausdrücklicher sein, als die Worte des Propheten Ezechiels Cap. 18, 20. Welche Seele sündiget, die soll sterben. Der Sohn soll nicht tragen die Missetat des Vaters, denn der Prophet zeigt hier erstens, was die Ursache an des Menschen ewigen Tode sei, nämlich seine Sünde, oder weil er sündiget; und alsdenn als ob er sich vorgenommen, eine solche Meinung mit Fleiß auszuschließen, versichert er uns, der Sohn sollte nicht tragen die Missetat des Vaters. Aus welchem ich deshalb schliesse:
Wenn der Sohn nicht die Missetat seines Vaters oder seiner unınittelbaren Eltern träget, so wird er noch vielweniger die Missetat des Adams tragen dürfen.
Nun soll aber der Sohn die Missetat seines Vaters nicht tragen;
Deshalb etc.
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Lateinisch
der Rand
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