Apologie von Robert Barclay in der Übersetzung von 1776

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Bisher haben wir von der Art und Weise gehandelt, wie die wahre Erkenntnis Gottes erlangt und erhalten wird; ebenso was für Nutzen und Dienst die heilige Schrift den Heiligen erweist.

Nun wollen wir des Menschen Zustand nach dem Fall untersuchen, und sehen, was für Fähigkeit und Kräfte er besitzt, und wie weit er von sich selbst vermögend ist; in göttlichen Dingen fortzukommen. Hiervon haben wir schon bei dem Anfang des zweiten Satzes etwas berührt. Es ist aber an rechter, genauer und völligem Verständnis desselben nicht wenig gelegen. Maßen aus der Unwissenheit, und wegen der darüber erregten Streitigkeiten, so wohl bei dem einen als dem andern Teil, grobe und gefährliche Irrtümer entstanden sind. Da einige das Licht der Natur so hoch erheben, oder die Kräfte des natürlichen Menschen so groß machen, als ob er vermöge des innerlichen Willens, Vermögens, Lichts und der Macht, so zu seiner Natur gehört, von sich selbst fähig und geschickt sei, dem Guten zu folgen, und wirklich seinen ganz Himmelwärts zu richten. Von diesen sind ehemals die Pelagianer1 und Semi-(oder halben) Pelagianer, und hiernach die Socinianer, und verschiedene unter den Katholiken gewesen. Hingegen wollen andere wieder mit Gewalt in einen andern Abweg hinein rennen, (welchen Augustinus unter den Alten, durch die Hige seines Eifers wider Pelagium, in seinen abnehmenden Jahren die Bahn zuerst gebrochen hat.) Indem sie nicht nur bekennen, der Mensch sei von sich selbst ganz unvermögend Gutes zu tun, und hingegen zu allem Bösen geneigt; sondern auch noch im Mutterleibe, und ehe er eine wirkliche Übertretung begeht, sei er mit wirklicher Schuld behaftet, wodurch er den ewigen Tod verdiene. Weswegen sie kein Bedenken tragen, zu behaupten, daß viele arme Kinder ewig verðaminer sind, und die unendliche Höllenpein ausstehen müssen. Daher hat uns der Gott der Walrheit, nachdem er seine Wahrheit (Denjenigen guten und ebenen Weg,) aufs neue wieder offenbart, durch, seinen eigenen Geist gelehrt, diese Abwege alle beide zu vermeiden.

So ist dann dasjenige, wovon wir nach Anleitung unseres Satzes allhier zu handeln haben,

zu erst dieses, was der Zustand des Menschen in (oder nach) dem Fall sei, und wie weit er unvermögend ist, sich gättlicher Dinge anzunehmen, oder etwas darinnen auszurichten.

Und vor das zweite, daß Gott den Kindern dieses Uebel nicht zurechne, bis sie wirklich darein fallen und sich damit vereinigen. Auf daß wir deshalb, durch Feststellung der Wahrheit, die Irrtümer auf beiden Seiten aus dem Weg räumen mögen.

Und was das dritte in dem Satz selbsi mit eingeschlossene Stück betrifft, nämlich die Lehrer, denen es an der Gnade Gottes mangelt, wollen wir solches bis zu dem zehenden Satz versparen, wo diese Materie umständlicher soll abgehandelt werden.


  1. Pelagianismus ist eine theologische Position im Christentum, nach der die menschliche Natur nicht durch die Erbsünde ganz verdorben worden sei, sondern schließlich, als von Gott geschaffen, gut sein müsse, wenn man nicht unterstellen wolle, ein Teil der Schöpfung Gottes sei böse. ↩︎