2.15
Bearbeitungsstand
Und weil der Geist Gottes der Brunnquell und Ursprung aller Wahrheit und der gesunden Vernunft ist, so haben wir nicht unbillig gesagt, daß er weder dem Zeugnis der Schrift, noch auch der gefunden Vernunft widersprechen kan. dennoch aber folgt, (wie der Schluß dieses Satzes, zu welchem wir ist kommen, selbstausweist) deswegen gar nicht, daß diese göttlichen Offenbarungen entweder dem äußerlichen Zeugnis der Schrift, oder der natürlichen Vernunft des Menschen, als einer edlern und gewissern Regel oder Probierstein, zur Prüfung unterworfen werden müssen. Denn die göttliche Offenbarung und innerliche Erleuchtung ist an sich selbst klar genug, und zwingt den wohlgeordneten Verstand und bewegt ihn, durch ihre eigene Überzeugung und Klarheit, auf eine unwidersprechliche Weise zum Beifall,eben als wie die gemeinen Grund-Sabe der natürlichen Wahrheiten das Gemüt zu einein natürlichen Beifall neigen.
Wer diesen Sheil des angeführten Satzes leugnet, der muß notwendig behaupten,daß sich der Geist Gottes den Menschen niemals ohne der Schrift oder einer deutlichen Entscheidung der Vernunft offenbart habe, noch auch offenbaren könne: Oder dat die Kraft dieses út ernatürlichen Ursprungs, so in der Menschen Seelen mørket, nicht so klar und gewiss sei, als natürliche Ursachen, aus denen man etwas herleitet, bei ihren gemeinen Wirkung. Welches beides falsch ist.
Denn erstens bezeugt die ganze beilige Schrift vom Anfang bis zu Ende, daß, wenn sich Gott der Herr durch seinen Geist denen Erzs Vatern, Propheten und Aposteln offenbart, foldies auf eine unmittelbare und gegenständige Weise geschehen sei, wie oben bewiesen worden; und diese Offenbarung prüfeten sie nach keinem andern Grund als ihrer eigenen Geivißheit, Überzeugung und Klarheit.
Zweitens, wenn man vorgeben will, der Geist Gottes habe keine so klare Gewissheit im Gemüt des Menschen, als natürliche Grundursachen haben, so hiesse solches gar zu veráchtliche und niederträchtige Gedanken von ihm begen. Wie kommt es denn, daß uns David zurufet, schmecker und sebet wie freundlich der Herr ist! Wenn solches nicht gesdimecfet und empfunden werden kan? Dieses wäre genugden Glauben und die Zuversicht der Heiligen, beides heut zu Tage und in vorigen Zeiten, wankend zu machen und zu verkelren. Wodurch wurde Paulus sonst überredet, daß ihn nichts scheiden könnte von der Liebe Gottes, als durch die Gewissheit und Klarheit, welche ihm der Geist Gottes schenkte? Der Apostel Johannes, der gar wohl wußte, worin die Gewissheit des Glauabens bestünde, hielte es keineswegs vor ungereimt, seine Erkenntnis und Versicherung, wie auch aller andern Heiligen ihre, demfelben, ohne fernern Beweis, in diesen Worten zuzusdyreiben, darin erkennen wir, daß wir in ihm bleiben, und er in uns, daß er uns von seinem Geist gegeben hat, 1. Joh.4,13. Und wiederum, v.6. Der Geist ists, der da zeuget, weil der Geist Wahrheit ist.
Die von dem Apostel hierbei angeführte Ursache ist wohl zu merken: Weil der Geist Wahrheit ist: Von dessen Gewissheit und unfehtbarkeit ich schon vorher geredet habe. Auf diesen Geist sehen wir dann nun unser Vertrauen und unsere Zuversicht, weit wir wissen und gewiss glauben, daß er allein uns recht leiten und niemais unrecht leiten oder zu etwas Irriges verleiten kan. Und von dieser gewissen Zuversicht rührt es her, daß wir bekräftigen, die daher entspringende Offenbarung konne weder dein Zeugnis der Schrift, noch auch der richtigen Vernunft jemals widersprechen. Nicht als ob wir dieses zu einer gewissern Richtschnur machen wolten; sondern daß wir uns nur nach der Schwachheit derer richten, welche, weil sie die Offenbarungen des Geistes nicht erkennen und unterscheiden können, wie sie lauterlich von Gott herrühren, solche nach diesen Mitteln zu prüfen suchen. Diejenigen aber, die geübtere Sinnen haben, und die Früchte des Geistes gleichsam in prima instantia, oder alsbald bei dem ersten Anblick schinecken können, die können solche ohne diese Hülfs-Mittel, oder ehe sie solche gegen die Schrift und Vernunft halten, unterscheiden und erkennen. Eben als wie ein guter Sternseher eine Sonnen-oder Monden-Finsternis auf eine unbetrügliche Art ausrechnen kan, woraus er (wenn die Ordnung der Natur nicht verrückt wird, und irgends eine feltsame und ausserordentliche Veränderung darzwischen kommt,) den Schluß macht, es werde an dem und dem Tage, oder zu der und der Stunde eine Verfinsterung an der Sonne oder an dem Mond vorgehen. dennoch kann er dieses einen unwissenden Bauernicyt eber bereden, als bis er es sichtbarlich siebet. Gleichergestalt kann auch ein Mathemaricus, durch die Regeln seiner Kunst, unfellbar wissen, daß die drey Ecken eines rechten Triangels oder Dreiecks zwei rechten Ecken gleich sind, ja, er kann dessen gewisser sein, als jemand durch die Ausmessung. So sind auch einige Geometrische Demonftrationes, nach einhelligein Geständniß aller, unfellbar, die doch, durch die Sinnen kaum können erkannt und bewiesen werden. Ja, wenn sich ein Geometer oder Feldmesser gedrunggen sähe, einen unwissenden Menschen der Gewissheit seiner Kunst durch diese besondere Willfábrigkeit zu überzeugen, daß er ihm solches abmesse und seinen Sinnen begreiflich, mache, so wird doch daher nicht folgen, daß die Abmessung so gewiss, als die Demonstration selbst sei: Oder daß die Demonstration ohne derselben ungewiss sein würde.